Westküste, wir kommen!
- Sonja
- 19. Mai 2023
- 7 Min. Lesezeit
Wiedermal steht ein Flug mit Jetstar an - Yay! Und die Airline enttäuscht nicht: Unser Flug hat aufgrund von technischen Schwierigkeiten an der Maschine eine Stunde Verspätung - einer der beruhigensten Gründe. Wir haben uns nicht lumpen lassen und unser Gepäck um zwei Campingstühle erweitert die Alex so semi selbstbewusst an der Stewardess vorbei ins Flugzeug trägt. Ihr neugieriger Blick dient wohl eher diesem, für das Handgepäck viel zu sperrige, Teil als dem klumpigen Couscous-Salat der uns als Mittagessen dienen soll. Unbeschadet werden unsere Stühle, diesmal auch unser Gepäck und wir herzlich von Charly und Gillian, Freunden von Sonjas Eltern, in ihrem Heim empfangen.
Die beiden leben in Fremantle, Freo wie die jungen und jung gebliebene Bewohner der Küstenstadt sagen, eine super süße Vorstadt von Perth. Sie haben uns ein eigenes Zimmer vorbereitet und das Abendessen sowie kaltes Bier stehen auch schon bereit. Ein wahrer Luxus nach einer Woche auf umgeklappten und nicht ganz horizontalen Rücksitzen schlafen.
Der Folgetag ist Sonjas Geburtstag und sie möchte sich einen langen Traum erfüllen: Zu den Quokkas, die kleinsten Kängurus der Welt, nach Rottnest Island fahren. Wir nehmen früh morgens die erste Fähre, eine gute Ideen denn bereits beim Frühstück hoppeln unzählige Quokkas um uns herum. Sie springen zu uns auf den Tisch, wollen Sonjas Kaffee trinken und versuchen frech Snacks in der Bäckerei zu ergattern, wer kann es den huppsenden Tierchen verübeln.
Wir holen unsere gemieteten Fahrräder ab und dann steht erstmal eine Quokka-Sonja-Selfie-Action an. Am besten klappt ein gutes Selfie, wenn das Quokka etwas zu fressen gefunden hat und gerade in Ruhe mapft. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, findet Sonja endlich ein Quokka, das sich gerade über einen Ast hermacht und los geht das Shooting!
Anschließend radeln wir los, auf den 22 km Track um die Insel herum.
Wow, wir sind direkt so beeindruckt! Die autofreie Insel ist traumhaft schön, das Wasser leuchtet an jeder Ecke Türkis und ein weißer Traumstrand reiht sich an den nächsten. Wir springen ins Meer und lassen uns die Sonne auf die Bäuche scheinen, besuchen den Leuchtturm der Insel und strampeln die Hügel auf und ab - gar nicht so unanstrengend bei dem Gegenwind!
Als wir die Fahrräder wieder abgeben, fahren wir erneut durch die kleine Fußgängerzone, in der sich Touristen auf der Suche nach dem perfekten Quokka Selfie drängeln. Wir sind sehr froh, bereits morgens hier gewesen zu sein, denn hier ist die Hölle los. Es macht uns außerdem ziemlich sauer und traurig, dass einige Leute ihr Selfie vor die Gesundheit der Quokkas und das Privileg, hier so frei mit ihnen interagieren zu können, stellen, indem sie sie mit Chips, Croissants und anderem prozessiertem Essen füttern und sie anfassen. Es stehen mindestens 20 Schilder auf den 70 qm, die der Platz umfasst, welche ganz klar auf die gesundheitlichen Folgen des Fütterns für die Beuteltiere hinweisen und darum bitten, sie nicht zu berühren - diese werden von den Menschen schlichtweg ignoriert.
Der Trip nach Rottnest Island war ein grandioser Geburtstag für Sonja und generell ein echtes Highlight auf unserer Reise, das noch mit einem köstlichen Abendessen beim Inder des Vertrauens von Charly und Gillian abgerundet wird.
Wir haben noch einen Tag in Perth und möchten die Stadt erkunden. Den Vormittag verbringen wir in Fremantle. Die kleine Stadt ist charmant, mit schönen Gassen und Gebäuden. Wir besuchen den Fremantle Market, essen uns durch die verschiedenen Stände und genießen den jungen, entspannten Vibe, der überraschend gut in die Stadt die voller kolonialer Architektur passt.
In Perth angekommen, spüren wir direkt den Großstadt Flair. Wir mögen ja große Städte und daher auch Perth auf Anhieb gerne. Wir schlendern durch die Fußgängerzone auf der Suche nach einer anständigen Hose für Sonja, laufen zwischen den hohen Wolkenkratzern hindurch - natürlich mit Blick nach oben - und trinken bei Sonnenschein, wie es sich in Australien Freitag nachmittags gehört, zwei Gläser Wein im Pub.
Morgen geht es los auf unseren Roadtrip entlang Australiens Westküste, wir sind voller Vorfreude!
Wir holen unseren Van ab, welchen wir von der gleichen Firma, wie in Neuseeland mieten. Unsere deshalb großen Erwartungen, werden etwas enttäuscht. Für einen überirdischen Preis, den wir hier lieber nicht nennen, bekommen wir ein altes Klappergestellt, das 390000 km auf dem Tacho und eine schlechte Camping Ausstattung hat. Zwei Mini Töpfe, einer davon ohne Henkel, nur eine Gabel, ein undichte Mückennetz, ein kaputtes Handschuhfach - um nur ein paar Dinge zu nennen, die echt nerven. Wenigstens haben wir massig Platz zum Schlafen und fahren lässt er sich auch gut.
Nach einem Großeinkauf und ein paar Besorgungen fahren wir los gen Norden. Sonjas Angst, dass wir keine coolen Tiere sehen werden, erledigt sich innerhalb der ersten 50 Kilometer, als wir ein Känguru und Sonja an der Seite im Gebüsch irgendwas, "das so süß wackelt" sichten. Wir wollen am nächsten Tag zu den Pinnacles und schlafen deshalb an einem nahegelegenen Campingplatz im Outback. Hier überwindet Alex zum ersten Mal seine Angst, in Australien wild zu bieseln - die Stelle wird natürlich sorgfältig nach giftigen Schlangen und Spinnen abgeleuchtet und die Wanderschuhe fest zugeschnürt. Mit der linken Hand soll ein ständiges Wedeln das Niederlassen der gegenwärtigen Fliegen verhindern.
Nach unserer schon eingespielten Frühstücksroutine (Alex bereitet alles vor, während Sonja aufwacht), fahren wir früh los und sehen unterwegs gleich wieder ein Känguru. Beim Naumburg Nationalpark angekommen, nehmen wir zunächst den 4 km langen Loop Drive durch die Pinnacles. Diese faszinierenden Steinformationen ragen auf einer Fläche von mehreren Quadratkilometern aus der strahlend gelben Erde - sowas haben wir noch nie gesehen. Wir sind mit einem weiteren Auto die einzigen im Park und sehen zu unserem Glück nochmal drei Kängurus und Emus, die majestätisch durchs Gebüsch schreiten.
Die Entstehung der fallusartigen Steingebilde ist im übrigen ungeklärt und Teil einer konstanten wissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Damit noch nicht genug - wir ziehen das Wildlife förmlich an. Während wir über den 2 km Fußweg durch die Pinnacles Wüste laufen, begegnen wir einer kleinen Emu Familie, bestehend aus einer Papa und zwei Jungtieren. Wie wir später erfahren werden, ist es der Mann des Hauses welcher sich nach der Eierproduktion um die Brut sowie die Erziehung der haarigen Biester kümmert. Diese steuern gezielt auf uns zu, sodass uns kurz mulmig wird und wir und halb hinter den Felsen verstecken, um dann zu merken, dass sich die Emus von uns überhaupt nicht stören lassen und wir einfach zufällig auf ihrer Route zum nächsten Baum lagen.
Wir staunen uns durch die spitzen Limestones, treffen noch den ein oder anderen Emu und merken gegen Ende, wie gut es doch ist, früh bei solchen Sehenswürdigkeiten zu sein. Die Autos fahren inzwischen in einer Kolonne den Trail entlang und stehen sich gegenseitig im Bild.
Wir verbringen die Nacht in Geraldton, einem kleinen Städtchen, und sehen einen einzigartig schönen Sonnenuntergang - laut Alex, der schönste, den er je gesehen hat. Der Himmel brennt förmlich, auf den Fotos ist es leider wirklich nicht ansatzweise zu erkennen, wie besonders es war.
Die nächste, weite Fahrt bringt uns zum Pink Lake. Der riesige See liegt inmitten von Nichts und leuchtet bei richtigem Licht strahlend pink. Nicht verwechseln, das sehr stark Pink strahlende ist Sonja, das andere Pink strahlende der See. Dieses Naturphänomen rührt Forschungen zufolge aus einer speziellen Kombination von Bakterien, Algen und Salz. Super beeindruckend - auch wenn die Fliegen hier unerträglich nervig sind, während sie uns in die Augen, Ohren, Nase, Mund krabbeln und sich auf unseren Shirts durch die Gegen tragen lassen. Unsere Fliegennetze liegen im Auto.
Nächster Halt: Kalbarri National Park. Sobald wir in den Park fahren erstreckt sich eine unglaubliche Naturweite um uns. Wir halten an den Coastal Cliffs, welche wie der Name wahrscheinlich schon verrät, schöne Klippen sind und enden zunächst in Kalbarri Town, wo wir von einem über die Straße hüpfenden Kanguru begrüßt werden - die sind hier wohl auch einfach im Ort unterwegs. Da wir noch ins Meer springen wollen, fahren wir zu den Blue Holes. Die Flut verbirgt die kleinen Pools, in denen man hier badet, wir hüpfen trotzdem rein und es ist herrlich.
Eine vergebliche Suche nach einem kostenlosen Campingplatz in der kleinen Ortschaft später, beschließen wir zu einem 50 km entfernten Platz zu fahren. Es dämmert bereits und die Buschlandschaft leuchtet in allen erdenklichen Farben, der Himmel ist strahlend blau und die Erde rot. Es ist atemberaubend.
Mit der fortschreitenden Dämmerung erwacht das Wildlife. Wir haben riesiges Glück und sehen ein Echidna - diese stacheligen Süßnasen sind sehr schwer zu entdecken - unseres wackelt geradewegs über die Straße und geht seines Weges. Übrigens haben wir gelernt, dass die Hinterpfoten von Echidnas andersrum gedreht sind, damit ihre Spuren Raubtiere auf eine falsche Fährte locken - cool oder?
Leider bekommen wir das erwachende Wildlife auch noch auf eine andere Art zu spüren. Kurz nach unserer Echidna-Erfahrung schießt ein Känguru aus dem Nichts über die Straße und Alex Reaktionszeit ist zum Glück sehr, sehr kurz. Noch nicht vom Schock erholt, springen uns innerhalb der nächsten 10 Sekunden noch Känguru zwei, drei, vier und fünf vors Auto. Alex bremst jedesmal rechtzeitig und wir fassen den Entschluss, ab sofort nicht mehr nach 17 Uhr unterwegs zu sein. In Westaustralien wimmelt es von wilden Tieren, was einerseits fantastisch ist, andererseits echt gefährlich. Das zeigen auch die unzähligen toten (Beutel-) Tiere am Straßenrand. Während wir sehr aufmerksam weiterfahren, hören wir schweigend Musik und genießen das fantastische Licht und die vorbeiziehende, bildschöne Natur. Dieser Ort ist einzigartig.

Auch abends begegnen wir einem exotischen Tier. Wir sitzen entspannt bei Kerzenlicht an unserem Van und es raschelt - Sonja leuchtet nach rechts und da steht vier Meter ein Dingo und schaut uns an. Da wird es einem auch etwas komisch. Nach ca. 5 Sekunden zieht der Dingo von Dannen und wir leuchten die nächste Stunde immer wieder in die Finsternis, um uns zu vergewissern, dass wir keine weiteren unerwarteten Gäste bekommen. Der nächste Tag begrüßt uns mit strahlend blauem Himmel. Wir fahren zurück in den Kalbarri National Park um einen 9 km langen Loop Walk durch die Schlucht zu gehen. 500 Meter nach dem Start des Walks liegt die "Hauptattraktion" des Walks: Nature's Window. Hier tummeln sich ein paar Touristen und wollen ein Foto im Fenster der Natur ergattern - natürlich auch Sonja. Zum Glück, müssen wir darauf nicht wirklich warten, somit kann Alex Vorsatz, nirgends für ein Foto anzustehen, auch wieder erfüllt werden.
Wir wandern los und sind von Sekunde sprachlos von der Schönheit dieses Nationalparks. Der Track gibt uns eine tolle Aussicht auf die Schlucht und den Fluss, welcher langsam fließt. Wir klettern Felswände entlang, laufen durch Sand am Wasser entlang, marschieren durch die trockene Buschlandschaft. Währenddessen wird es heißer und heißer - die Warnschilder, welche alle zwei Kilometer auftauchen und die Aufschrift "People have died during this track - take a break, drink water, carry 4 liters per person!", machen auf jeden Fall Sinn, überdramatisieren die Schwierigkeit dieses flachen Weges aber auch ein bisschen. Angeschwitzt und von Fliegen besiedelt (diesmal sind die Fliegennetze über unseren Köpfen) kommen wir wohlauf am Ziel an - diese Wanderung war großartig.
Nach dieser Wanderung trennt sich Sonja schweren Herzens von ihrer viel zu großen, kurzen Leggins, die ihr während der 9 km entweder zwischen oder unter dem Hintern hängt. In dieser prekären Situation zeigt sich ein klarer Nachteil wenn man auf Reisen ist. Das aussortierte Kleidungsstück kann nicht umgehend als Lumpen oder Malerkleidung wiederverwendet werden.
Auch heute gönnen wir uns einen Dip im Meer, bevor es zum nächsten Campingplatz weitergeht - diesmal nicht in der Dämmerung. Morgen fahren wir weiter nach Shark Bay und sind gespannt, welche Abenteuer uns dort erwarten.
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