top of page

Vom Unterwasser- zum Überwassertraum

  • Autorenbild: Sonja
    Sonja
  • 8. Juni 2023
  • 6 Min. Lesezeit

Nach so vielen Wochen roter Sand und Busch, freuen wir uns umso mehr endlich Exmouth zu erreichen. Die kleine Stadt liegt auf einer Landzunge, die glücklicherweise vom weltberühmten Ningaloo Reef umgeben wird.


Aufgrund unserer exzellenten Vorbereitung haben wir keine Buchung, für einen der Campingplätze im Cape Range Nationalpark, welche hier jedoch zwingend erforderlich sind. Falls jemand bald hier her kommen möchte: Buche deine Campingplätze bis zu 180 Tage im Voraus!


Da die Plätze sehr günstig sind, scheinen sich einige Australier einfach prophylaktisch Spots zu buchen, um dann nicht aufzutauchen. Das führt dazu, dass "spontan Reisende" wie wir erstmal keinen Schlafplatz haben. Aufgrund unserer bereits erwähnten weisen Entscheidung eine Vodafone Simkarte zu erwerben, haben wir auch keine Möglichkeit unterwegs spontan frei werdenden Spots zu buchen.


Ein glücklicher Morgen in einem teuren Campingresort bietet uns Wlan gepaart mit es sich anders überlegenden Australiern - ergo, wir ergattern Schlafplätze für drei Nächte!


Analog ergattern wir die letzten zwei Plätze auf dem Tauchboot Keto, welches uns direkt am ersten Tag mit vor die Küste Exmouths nimmt.


Das Meer ist sehr rau, die Seekrankheit greift um sich und der Einstieg ins Wasser wird zum Drahtseilakt. Die hohen Wellen zwingen mehrere Taucher:innen kehrt zu machen, als wir uns am Boot entlang zum Abstiegsseil hangeln. Wir bleiben entspannt, Alex kommt mit sechs winzigen Schnittchen an den Fingern davon und Sonja schafft es letztendlich auch, ihre voll laufende Brille fachmännisch zu fixieren. Was uns unten erwartet, ist ein wahrer Kontrast zu den Bedingungen an der Oberfläche. Wir haben kristallklare Sicht, keine Strömung und es fühlt sich an wie ein stiller Feiertag Unterwasser.


Damit noch nicht genug, der erste Tauchgang überwältigt uns. Unmengen an riesigen Fischschwärmen, ein schlafender Hai, eine mampfende Schildkröte und ein gigantischer Kuhschwanz-Rochen sind nur eine Bruchteil des Erlebnisses.


Ach ja, Furcht löste der schlafende Hai nicht aus.


Während des wackeligen Mittagessens, welches Sonja fast den Fischen spendet, wägt die Tauchschule ab, ob die durchaus nicht ungefährlichen Bedingungen einen zweiten Tauchgang zulassen.


Zu unserem Glück, beruhigt sich das Meer ein wenig und wir tauchen erneut ab - diesmal direkt beim Einstieg ins Wasser. Eins ist sicher, wir hätten einiges verpasst, ohne diesen zweiten Tauchgang.


Zum einen ist das sogenannte Labyrinth ein spektakulärer Teil des Riffs, durch den wir uns schlängeln. Zum anderen sehen wir diesmal nicht schlafende, schwangere und sehr aktive Haie, die unseren Puls um ein paar Schläge erhöhen. Außerdem einen Shuffle Nose Rochen, der ganz seinem Namen nach, seine Nase im Sand vergräbt. Wir beobachten riesige Fische, eine knallgelbe, monströse Seeschlange, tausende Minifischschwärme und, und und.


Wir können nicht genug von dieser Unterwasserwelt bekommen und verbringen die darauffolgenden drei Tage damit das Riff ohne Tauchflasche und dafür mit Schnorchel zu erkunden.


Der Cape Range Nationalpark reiht einen Traumstrand an den nächsten, und jeder ist mit einem wunderbaren Teil des Riffs versorgt. Das ist das coole am Ningaloo Reef: Es ist 250 km lang und liegt ungewöhnlich nah an der Küste.


Um die Erfahrung noch besser zu machen wurde an fast jedem dieser Strände ein naturbelassener Campingplatz platziert, von denen auch wir drei Stück bewohnen.


Das Schnorchelerlebnis steht dem Tauchen in nichts nach. Wir sehen fast menschengroße Schildkröten, zwei gigantische Rochen und auch diesmal - zu unserem Schrecken - einen Hai.


Die Begegnung mit diesem Hai unterscheidet sich insofern, dass man sich nur mit Schnorchel, an der Wasseroberfläche paddelnd als Beute fühlt. Etwas Respekt haben wir dann wohl doch noch vor den schwimmenden Raubtieren, wir verlassen nämlich fluchtartig das Wasser. Zum Glück geschah dies am letzten Tag beim letzten Schnorchelgang.


Den letzten, vierten Abend verbringen wir mit einem alten Freund von Sonja, den sie hier nach bestimmt zehn Jahren wieder trifft. Als wir ihn an unserem ersten Abend auf ein Bier treffen, lädt er uns ein, gemeinsam einen Abend auf dem von ihm bereits gebuchten Campingplatz zu verbringen.


Wir haben einen echten, lustigen und entspannten Backpacker-Abend mit Lax, Filipa und David. Damit befinden sich auf dem für ein Fahrzeug zugelassenen Campingplatz nun drei Vans und ein Zelt. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns schweren Herzens von unserer "Crew for one night" und vom alle Erwartungen übertreffenden Ningaloo Reef.


ree

Entlang der Zuggleise in Richtung der innerländischen Minen fahren wir 800 km durchs Nichts. Tuut tuuut - nächster Halt: Karijini Nationalpark. Die Fahrt zählt zu einer der schönsten, die wir in Australien hatten, denn hier trifft das tiefe Rot auf bunte Vegetation.


Der Karijini Nationalpark und seine unverwechselbaren Schluchten werden der krönende Abschluss unserer Australienreise sein.


Wir stürzen uns direkt ins Abenteuer und entscheiden uns für die Hancock Gorge, bei der wir bereits wissen, dass es nass werden könnte. Außerdem zwingt sie uns einen Höllenritt über 25 km Schotterstraße zu nehmen, welcher hölliger nicht sein könnte. Es rattert, es kracht, wir streiten und kommen irgendwie unbeschadet am Ziel an.


Die Hancock Gorge - und auch alle anderen Schluchten - zeichnen sich durch ihre eindrucksvollen Sedimentschichten in den verschiedensten Rottönen aus. Hancock entlockt uns einige Wows, bevor wir unsere Wanderkleidung durch Badehose und Bikini ersetzen müssen, um weiter zu kommen. Wir fühlen uns wie in einem Videospiel, während wir durch eine zwei Meter breite, mit eiskaltem Wasser geflutete Spalte schwimmen. Als nächste Herausforderung hangeln wir uns durch einen glitschigen Felsschlitz, der uns zum leuchtend blauen Kermitspool führt.


Direkt nebenan führt uns der Weg durch Weano Gorge. Wir laufen durch die tiefe Schlucht und enden erneut an einer schmalen, steinernen Passage. Diese führt uns vorbei an einem malerischen kleinen Becken hin zum Hamilton Pool, dessen Dimension jegliche Erwartung an natürliche Becken sprengt.


Noch nicht genug für diesen Tag, erwartet uns die Knox Gorge, die Fette unter den Schluchten - und das absolut im positiven Sinne. Die Felswände, welche uns überragen sind so monumental, dass wir uns fühlen wie Ameisen. Wir klettern an einem unreal blauen natürlichen Pool die Felsen entlang und laufen staunend durch dieses Naturwunder.


Tag zwei im Karijini startet mit einer angenehmen Wanderung durch Dales Gorge. Alex wäscht sich unterwegs schon mal unfreiwillig den roten Sand von den Schuhen und wir gehen bis zu den Fortescue Falls die grün bewachsene Schlucht entlang. Ein kleines Stück weiter finden wir den Fern Pool. Dieser wird von einer Rentnergruppe mit Schwimmnudeln, welche die Idylle nicht weiter stören und einer nervigen, schreienden Influencer-Familie, die alle 30 Anwesenden sehr wohl stören, belegt.


Wir springen ins erfrischende Wasser und eine uns gleichgesinnte Mitschwimmerin gibt sich durch einen in die Kamera der Influencer ausgestreckten Mittelfinger erkenntlich. Endlich sind die Schreihälse weg - "at least it's fucking quiet now, mate." Der plätschernde Wasserfall und die türkise Farbe des Wassers kommen einer versteckten Oase gleich.

Wir haben noch immer nicht genug und begeben uns auf eine weitere und diesmal 50 km lange Schotterpiste, welche glücklicherweise nicht ansatzweise so schwierig zu fahren ist, um zur Hemersley Gorge zu gelangen.


Was wir bei unseren Zweifeln, ob wir den weiten Weg hier her auf uns nehmen sollen, nicht wussten: Diese Schlucht wird die anderen fast noch übertreffen.


Die Felsen hier sind bunt und gewellt und die Schlucht besteht aus Stufen, welche je ein kleines Becken bilden. Wir steigen zum höchsten Pool und wechseln in die Badesachen, da das nächste Ziel wieder nur über den Wasserweg erreicht werden kann. Der Spa Pool ist eine hinter Felsen versteckte natürliche Badewanne inklusive Duschkopf - ein kleines Paradies.


In Badesachen und Wanderschuhen gehen wir wieder hinab zum untersten Becken, um ein Stück durch die Schlucht zu schwimmen. Das Wasser ist eisig, die Kulisse einmalig.

Aufgrund der langen Rückfahrt, kommen wir bei Dunkelheit an unserem Campingplatz an, wo die Dingos uns schon sehnsüchtig erwarten. Die Sehnsucht beruht nicht unbedingt auf Gegenseitigkeit.


Unser letzter Ausflug in Australien führt uns zum zweithöchsten Berg in Western Australia: Mount Bruce. Mit einer famosen Höhe von 1235 Metern, wäre er nicht mal der höchste Berg Baden-Württembergs (Feldberg 1493)


Trotzdem ist die Wanderung anspruchsvoll, schön und wir begegnen unserer ersten lebendigen Schlange, ca. 30 cm lang.


Der Gipfel erlaubt einen weiten Blick über die feuerrote, flache und von kleinen grünen Hügeln geschmückte Umgebung sowie die Eisenerz-Industrie. Ein wunderbarer Abschluss.

Bevor wir zurück nach Perth fahren, erkundigen wir uns noch bei unseren Camp Hosts, ob es auf den 1300 km noch irgendwelche Sehenswürdigkeiten gibt. Die Frage wird mit einem einfachen "Hm, no." abgetan.


Auf dem Rückweg wollen wir uns noch von möglichst vielen Australiern und anderen Reisenden verabschieden und winken jedem uns entgegenkommenden Fahrzeug zu. Dieses Verhalten ist in Westaustralien, aufgrund der unendlichen Weiten und des seltenen Gegenverkehrs Gang und Gäbe und lässt dich auf den einsamen Straßen nicht alleine fühlen - ein schönes Ritual. Wir werden in Fremantle, Perth nochmal von Charly und Gillian (und Belle) willkommen geheißen und genießen ein gemeinsames Abendessen, bevor es auf die Philippinen geht. Ein riesiges Danke an dieser Stelle, für eure ausnahmslose Gastfreundschaft.

ree


Kommentare


Impressum & Datenschutz
bottom of page