Von Milford Sound bis Timaru
- Sonja
- 7. Apr. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Bevor wir nach Milford Sound aufbrechen, erleben wir ein neuseeländisches Unwetter vom Feinsten. Es regnet ca. 12 Stunden lang und gefühlt 100 Liter pro qm pro Sekunde. Kübelweise Wasser ergießt sich über unseren Van. Zum Glück lassen wir eine Türe einen Spalt offen, um das Spektakel noch näher zu erleben. Die Windböen sind so stark, dass das Umkippen des Vans kein völlig unrealistischstes Szenario mehr zu sein scheint.
Unerwarteterweise überleben wir das Inferno und
machen uns am nächsten Tag auf den Weg zum Milford Sound, einem Fjord (und nämlich kein Sound) im Südwesten der Südinsel Neuseelands.
Es ist neblig, bewölkt, es regnet und warm ist es auch nicht gerade. Das führt dazu, dass Sonja eher stinkig bei unserer gebuchten Bootstour durch den Fjord ankommt und keine Hoffnung mehr auf einen begeisternden Tag hat.

Zum Einstieg erklärt der Kapitän, dass es hier ca. 364 Regentage im Jahr gibt. Das stimmt schon etwas heiterer. Das Stimmungsbarometer zum Explodieren bringen dann Seelöwen und vor allem Delfine, welche sich gemütlich von unserem Boot antreiben lassen.
Das miese Wetter verwandelt den Fjord in eine neblige, mystische und magische Landschaft, die wir so schnell nicht vergessen werden. Die andauernden Regenfälle sorgen außerdem für hunderte Wasserfälle, die von den beeindruckenden Klippen stürzen.
Am siebten Tage bekommen wir die erfreuliche Nachricht, dass unser Gepäck am Zielort eingetroffen ist. In Te Anau holen wir unsere beider Rucksäcke ab, gefüllt mit Sommerkleidern, Leinenhemden, Sonnencreme und Sandalen. Nun sind wir endlich für die einstelligen Temperaturen und das Regenwetter in Neuseeland ausgestattet.
Voll motiviert und mit passendem Wanderequipment wagen wir es am nächsten Tag auf den Ben Lemmond, den wir aus unerfindlichen Gründen französisch aussprechen. Der Hausberg von Queenstown empfängt uns mit 1000 zu bewältigenden Höhenmetern.
Die Wanderung verlangt Sonja einiges an Kraft ab und eine amerikanische Frau im fortgeschrittenen Alter einige Nerven. Unermüdlich erzählt sie von ihren deutschen Wurzeln, dem Nicht-Nazi sein ihrer Ahnen und ihrer Liebe zu Deutschland. Sonjas Anstrengung geht mit kurzen "Mhm"s und Schweigen einher, welches die nette Frau jedoch nicht zu irritieren scheint.
In der Zwischenzeit rauben E-Bike Fahrer und Fahrerinnen mittleren Alters auf Wanderwegen Alex den letzten Nerv.
Die Wanderschuhe, Kniebandagen, der sagenhafte Ausblick und Alex Jubelrufe für Sonja am Gipfel entschädigen für die beschriebenen Strapazen.
Um den Tag perfekt ausklingen zu lassen, schlendern wir noch durch die süße Stadt Queenstown und genehmigen uns ein Bierchen und Essen in einem waschechten Restaurant.
Auf dem Weg zu unserem nächsten Halt Mount Cook, fahren wir über viele Schlaglöcher, die Alex bei Sonjas Fahrweise den Atem rauben, zu einem unerwartet idyllischen Campingplatz an einem kleinen Weiher. Enten, ein farbenfroher Sonnenuntergang, ein bestialisch nach Ammoniak stinkendes Plumsklo und etwas Vodka runden diesen Tag wunderbar ab.
Unterwegs nach Aoraki können wir die besondere türkise Farbe des Lake Pukaki schon erahnen, nur der Mount Cook wird sich für zwei Tage hinter Wolken verstecken. Wir fahren schnurstracks in den Regen, der ca. 48 Stunden lang anhält. Wir dachten, wir hätten schon das volle Ausmaß neuseeländischer Stürme erlebt, doch die folgende Nacht belehrt uns eines besseren. Die Böen lassen uns alle vier glauben, dass Inas und Fabis Van den unseren unter sich begraben wird und der Regen stürzt so laut auf die Autodächer, dass wir kaum ein Auge zutun.
Um der Nässe und Kälte zu entfliehen, welche nachts unsere Frontscheibe von innen gefrieren lassen, suchen wir nach Alternativen zum Wandern und landen im Entourage, ein hässliches, viel zu teures Kantinen-Café.
Damit noch nicht genug: Während wir frierend unser Auto mit einer Kerze heizen, kracht es nebenan. Der Kofferraum von Inas und Fabis Van wurde von der offenen Ladefläche eines DOC-Fahrzeugs, mit einem den Umständen entsprechend viel zu gut gelaunten Fahrer, aufgeschlitzt. (DOC = Departement of Conservation) Die beide sind mit einem Schreck davon gekommen - gerade nochmal gut gegangen!
Unglaublicherweise wird der Tag noch gerettet. Es reißt auf und wir nutzen die Gelegenheit, um den von Ina hoch angeprisenen Hooker Valley Track zu begehen. Und in der Tat ist der Weg spektakulär schön und wir haben einen fabelhaften Nachmittag - nicht alleine, wegen der ultimativen und nicht anfechtbar "Rangliste der Zubereitungsformen der Kartoffel", welche die Jungs unterwegs erstellen. Umfang der Liste ist die Kartoffel einzig als eigenständiges Gericht oder als Beilage zu einer Haupmahlzeit.
Klick hier, um die Liste zu sehen
Am nächsten Morgen begrüßen uns die schneeweißen Gipfel des Tasman Gletschers und des Mount Cook.
Der Mount Cook, auf Maori Aoraki genannt, ist mit 3.700 Metern der höchste Berg Neuseelands.
Exakt 1821 Stufen (professionell gezählt von den berühmten Erbsenzählern F & A) tragen uns hinauf zu Sealy Tarns. Der Aussichtspunkt ist wirklich atemberaubend schön und macht Lust auf mehr.
Deshalb entscheiden wir uns, trotz vorheriger Bedenken zur Beschaffenheit des Weges, doch noch dazu, weiter hinauf bis zur Mueller's Hut zu gehen.
Es wird immer steiler, glatter und schneebedeckter und die Aussicht immer spektakulärer. Die mit steigender Höhe erschwerten Bedingungen lassen Zweifel an unserem Plan aufkommen, doch die unzähligen anderen "Wanderer" mit Turnschuhen bestärken uns in unserem Vorhaben. Und das wird belohnt. Wir haben eine fantastische Sicht auf den umliegenden Tasman Gletscher sowie den Aoraki.
Nach diesen ereignisreichen Tagen gönnen wir uns einen Tag ohne Vorhaben am Lake Pukaki. Nicht nur die süßen wilden Katzen, die uns Gesellschaft leisten, sondern auch der wahnsinnige Ausblick, das türkise, erfrischende Seewasser und der unglaubliche Sternenhimmel machen unsere Zeit hier einmalig.
Tiefenentspannt machen wir noch einen Abstecher zum Lake Tekapo, der auch für sein Bergpanorama direkt hinter dem See bekannt ist. Alex, Ina und Fabi essen köstlichen Pie und wir genießen die Aussicht am türkisen Wasser.
Als nächstes fahren wir Timaru an, um dort aufzutanken, einzukaufen, zu duschen und unseren letzten gemeinsamen Abend zu genießen. Da es eine Zwergpinguin-Kolonie direkt am riesigen Hafen geben soll, machen wir uns mit unserem Abendessen und wenig Hoffnung, diese zu sehen, auf zum Strand. Und wer hätte es gedacht? Dank eines freundlichen Tierschutzmitarbeiters sehen wir tatsächlich zwei der kleinsten Pinguine der Welt.
Am nächsten Morgen heißt es nach zwei wunderschönen Wochen Abschied nehmen und Ina und Fabi brechen auf zu ihrem nächsten Abenteuer. Bei Sonja kullern die Tränen und wir machen uns auf den Weg nach Castle Hill.
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