top of page

Tanze Sambal die ganze Nacht

  • Autorenbild: Alex
    Alex
  • 1. Aug. 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Gehen wir das Ganze mal geregelt an, denn Indonesien und besonders Sulawesi hat noch mehr zu bieten als nur die Kombination aus Schokolade und Käse. Apropos geregelt, unwissend esse ich direkt Frühstück zum Mittagessen. Tinutua Campur bzw. Miedal klingt auch nicht stark nach einer frühen Mahlzeit. Bei genauerem Hinhören hat keins der fremden Gerichte einen Namen, den man mit irgendeiner Tageszeit assoziiert. Ob Nasi Kunin, Biapong Bakar oder Widido, keine Ahnung wann man das essen soll.

Letzteres am besten gar nicht, denn es ist der Präsident des viert-bevölkerungsreichsten Landes mit der weltweit größten Population an Muslimas und Muslimen.


Was ich da mittags und dann später noch zweimal morgens esse, ist eine Art indonesisches Porridge mit Nudeln. Deutlich suppiger als unsere Hafer-Bananen-Pampe aus Australien und Neuseeland und mit Geschmack. Die Suppe hat als Hauptbestandteil Kürbis und einen bedeutenden Zitronengrasgeschmack. Darüber hinaus findet sich Wasserspinat sowie etwas Tofu neben den Nudeln und dem Reis.

Die drei Erfahrungen unterscheiden sich hauptsächlich in der Dominanz des Zitronengras, wobei ich die schwächeren Versionen präferiere. Eine warme, reichhaltige und kürbis-süße Suppe zum Frühstück, bei wohlgemerkt 28 Grad Außentemperatur, ist der genau richtige Start in den Tag.


Ebenso klassisch, jedoch deutlich simpler, ist Nasi Kuning. Reis mit Kurkuma, Knoblauch und ein paar Glasnudeln. Obwohl ein deutlich geringeres Experiment am Morgen, nicht ganz so überzeugend. Es überwiegt nur der Knoblauch, den man nicht unbedingt ab 8 Uhr morgens den ganzen Tag als Begleiterscheinungen auf der Zunge haben möchte.

Da wir uns inzwischen in Nord-Sulawesi befinden, wird der chinesische Einfluss immer stärker. Manado, die Hauptstadt Sulawesis im Norden der Insel, wurde in der spanischen Kolonialzeit zum Zentrum für den Waren- und speziell Kaffeehandel mit China. Der chinesische Einfluss spiegelt sich auch in Küche wider.


In einem chinesischen Kaffeehaus führe ich mir etwas mit dem Namen Biapong zu Gemüte. Nein, das ist nicht die chinesische Version des partyzerstörenden Bällespiels, sondern ein gefüllter Hefekloß. Auf Anraten hin bestelle ich Biapong Bakar, die gebratene Version. Gefüllt ist sie mit Schweinefleisch, weil sonst alles aus ist. Auffällig in gesamt Sulawesi, sobald die Sprachbarriere hoch ist und unsere Bestellung für die bedienende Person daher komplex, ist sehr vieles einfach "Sold out".

Etwas deftig zum Frühstück, aber überaus lecker. Die Füllung aus Schweinfleisch, Ei, Frühlingszwiebeln und vermutlich noch etwas anderem, dessen sich mein Geschmackssinn nicht besinnen kann, ist auf den Punkt gewürzt. Ein salziger Geschmack, der an Oystersauce erinnert, macht es dann aber doch etwas unpassend für ein Mahl um diese Zeit.


Vom Frühstück geht es weiter zum Evergreen. Nasi Goreng, was so viel wie bzw. ganz genau "Gebratener Reis" heißt. Die vier Variationen die sich fast 300 Millionen Menschen über Jahrhunderte ausgedacht haben sind Nasi Goreng Ayam (Hühnchen), Ikan (Fisch), Babi (Schwein) sowie nur auf Nachfrage erhältlich Telur (Ei).


Sehr bedeutend für mich sind auch die Krabbenchips, die immerzu als Beilage gereicht werden. Jedes mal wird der Reis in der Form eines Busens ohne Brustwarze angerichtet. Ich vermute diese Assoziation entspricht nicht der Intention. Aus Gründen der Privatsphäre des Reisgerichts hier nur Bilder in nicht-busenform.

Geschmacklich schwer zu beschreiben. Es ist gebratener Reis. Das faszinierende ist, dass er keine Komponente hat, die man bewusst rausschmeckt, aber es schmeckt. Es ist so simpel und dennoch gar nicht so einfach selber zu kochen. Was ich bisher gelernt habe, ist die zentrale Rolle eines Reiskochers sowie etwas Geduld, denn der Reis muss idealerweise am Vortag gereiskochert werden. Unglücklicherweise steht mir beides nicht zur Verfügung.


Wir schreiten voran zum Mittag- und Abendessen. Ich möchte mich zwei vegetarischen Häppchen widmen, die uns überall begegnen und die uns nie enttäuschen.


Das erste ist ein frittiertes vegetarisches Etwas oder, um es passender zu beschreiben, ein Gemüse-Reismehl-Reiberdatschi. Gemein haben alle, dass scheinbar willkürliche Gemüsesorten wie Kohl, Maniok, Mais oder Karotte, gerieben und dann mit Ei, Reismehl, Gewürzen und Wasser vermengt werden, bis das Ergebnis "gerade so vom Löffel in die Pfanne gleitet", wie mir unsere niederländische Kulinarikbegleitung mitteilt. Selbst ich muss bei diesem Oxymoron schmunzeln, niederländisch und kulinarisch. Aber Marijn und Noortje kennen die lokale Küche deutlich besser als wir. Auch lasse ich mir eins der Signature-Dishes von Marijn erklären. Süßkartoffel und Rote Beete auf Blätterteig mit Feta und Minze. Gibt's dann nächstes Jahr Freunde.

Egal ob in der indonesischen Raststättenkantine, von der indonesischen Mutti oder am Straßenrand, die frittieren vegetarischen Etwasse sind jedes mal knusprig, nicht zu fettig und bilden eine perfekte Art, lokales und regionales Gemüse zu vereinen.


Ebenso clever, lecker und frittiert sind Tofutaschen. Während des Schreibens fällt mir auf, dass der niederländische Kolonialismus doch deutlich seine Spuren hinterlassen hat. Nicht nur teilen sich Indonesien und die Niederlande Wörter für Dusche und Kühlschrank, sondern sie scheinen auch ein gemeinsame Vorliebe für heißes Fett zu haben.

Die Tofutaschen sprechen besonders Sonja an. Ähnlich zu dem frittieren vegetarischen Etwas besteht die Füllung des Tofus aus Gemüsesorten wie Kohl oder Wasserspinat und wird mit gestampftem Knoblauch und Zwiebeln ergänzt. Paniert mit einer Art Reismehl-Bierteig und ab in die Fritöse.


Jetzt mögen die letzten drei Gerichte nicht sehr besonders klingen und keine tropischen Noten versprühen, aber dafür haben sie hier etwas, das die gesamte Küche dominiert. Sambal.

Ein Restaurant oder nur ein Essen ohne Sambal, ist wie eine Südostasienreise ohne Durchfall - es existiert nicht.

Grundsätzlich ist Sambal nicht kompliziert, aber da es so viele verschiedenen Variationen gibt und jeder Ort seine eigene hausgemachte Version hat, ist es das Herz dieser Küche. Man kann zwischen drei grundsätzlichen Ausprägungen unterscheiden. Frisch, gebraten und aus der Flasche.


Die Basis sind immer frische Chilis, die kleinen scharfen Biester. Wenn frisch oder gebraten dann kommen meist noch Zwiebeln und Tomaten dazu. Wird die ganze Chilimischung dann gebraten, karamellisiert sie, wird dunkler, schärfer und haltbar.

Oft wird dem frischen Sambal Fisch hinzugefügt. Nicht mein Favorit. Aber fast egal welches Gericht, Nasi Goreng, Mie (Nudeln) Goreng, Tofu, Tempe usw. es gibt grandioses Sambal dazu. Ist mal kein Frisches da, dann halt aus der Flasche.


Primär ist Sambal erstmal scharf und das ist auch Sinn und Zweck. Schärfegrade unterscheiden sich aber je nach Ausführung und vermutlich Verliebtheitsgrad der Köchin. Die Chilis brennen nicht nur, sondern besitzen eine Aromatik, die man alleine schon riechen kann. Wer nicht weiß was ich meine, der riecht mal ganz doll an einer frischen Chili. Wenn man es brät, kommt noch eine süße fast schon honigartige Note hinzu. Die Zwiebeln und Tomaten machen das Ganze dann zu einem frischen Erlebnis.


Wenn man nach Konstanten in Sulawesi und vermutlich ganz Indonesien sucht, findet man zwei Dinge immer und überall. Bedingungslose Gastfreundschaft und Sambal.

2 Comments


Stefan Wöhrmüller
Stefan Wöhrmüller
Aug 12, 2023

Der „Gemüse-Reismehl-Reiberdatschi“... ist das Tempura?

Like

Charles Hoernemann
Charles Hoernemann
Aug 01, 2023

'It's all about the food!" 😊

Like
Impressum & Datenschutz
bottom of page