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Rot, roter, Australien

  • Autorenbild: Sonja
    Sonja
  • 12. Mai 2023
  • 7 Min. Lesezeit

Good 'ay - so werden wir in Adelaide am Flughafen von der strengen und gleichzeitig freundlichen Einreise-Polizistin begrüßt. Wir sind in Australien und Sonja tanzt förmlich aus dem Flughafen vor lauter Freude. Diese Freude wird direkt getrübt. Wir dürfen unseren Apfel und die sieben Knollen Knoblauch nicht mit einführen.

Direkt geht es mit der sogenannten O-Bahn, einem Bus-Zug-Mix, erfunden in Deutschland, zu unserem Couchsurfing Host Jarred. Die O-Bahn fasziniert uns von Sekunde eins an. Der Bus fährt irgendwann auf Schienen-ähnlichen Teer-Schienen und wir können uns nicht so wirklich erklären, wie das funktioniert. Bis wir herausfinden, dass am Bus extra, vertikale Rollen eingebaut sind, die sich in die "Schienen" einhaken. Komisch, aber nützlich. Wir kommen in einem Vorort von Adelaide bei Jarred an, der uns auf typische Aussie-Art begrüßt: Herzlich, weltoffen und leicht einen sitzen habend. Leider kann er uns keine besonderen Tipps für unseren Tag in der Stadt geben und erzählt uns im gleichen Zuge, dass er auch mal einen berühmten Gast hatte, dem er keine Tipps geben konnte und wie unangenehm ihm das war. Wer dieser berühmte Mensch war, wird sich noch zeigen ...


Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg zum Bus und merken, dass wir nach Christchurch und Auckland wieder mal eine Stadt an einem nationalen Feiertag besuchen. Der Anzac Day bedeutet in Adelaide eine große, patriarchalische Parade mit lauten Dudelsäcken, allen beiden Lieder, die man auf dem Dudelsack spielen kann und geschlossene Geschäfte, Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Cafés. Wir machen das Beste draus, denn eigentlich gefällt uns die Stadt auf Anhieb gut. Positiv ist, dass man sich einfach mitten auf die Straßen stellen und die Stadt und ihre umliegenden Berge fotografieren kann.

Wir gehen zunächst in den botanischen Garten - das scheint unsere neue Lieblingsbeschäftigung in Städten geworden zu sein - und spazieren zu wunderschönen Gewächshäusern, sehen viele exotische Vögel und einen Haufen, wirklich eine riesigen Haufen, Fledermäusen. Danach schlendern wird durch das Universitätsgelände, wo unter anderem das erste Musik-Konservatorium Australiens steht. Leider dürfen nur Studierende in die Unigebäude hinein und wir trauen uns nicht, uns mit reinzuschleichen.


Wir machen uns auf den Weg nach Chinatown. Dort angekommen wird uns wie so oft sofort klar, wir lieben diesen Ort. Eine kleine Gasse voll mit asiatischen Restaurants, Shops und zum Glück nimmt es die asiatische Community nicht so streng mit dem Veteranenfest! Wir gönnen uns Dumplings und ein riesiges Eis.


Anschließend gehen wir in die Peel Street, welche als "Fressgasse" von Adelaide bekannt ist. Bis auf einen Burger Laden hält man es solidarischer mit den marschierenden Kolleg:innen. Als der Kellner uns 20 % Anzac-Day-Aufschlag auf die Rechnung setzt, aus Solidarität mit der arbeitenden und nicht feiernden Gesellschaft, genießen wir das teuerste Bier aller Zeiten umso mehr. Abends lassen wir den Tag mit Jarred gemeinsam ausklingen, essen Pizza und spielen sein heißgeliebtes Würfelspiel, und was für Eins. Für den nächsten Tag schlägt er uns vor, vor unserem Flug noch in den nahegelegenen Nationalpark zu fahren, wo wir mit 75 %iger Sicherheit Kängurus sehen können. Klar, das machen wir!


Morgens um 9 Uhr fahren wir also los zu besagtem Nationalpark und haben leider kein Glück. Weder Kängurus noch Koalas laufen uns über den Weg, dafür haben wir einen schönen Blick über die Stadt. Unser Host ist ein Schatz und fährt uns sogar zum Flughafen. Kurzerhand beschließt er, dass er Flughäfen liebt und uns noch mit hinein begleitet. "Mit hinein" bedeutet in Jarred's Welt, dass er mit durch den Sicherheitscheck geht und sogar bis zu unserem Boarding mit uns wartet - Australier eben. Wir trinken noch ein Abschiedsbier am Flughafen und erfahren nun so nebenbei, dass der "berühmte Gast" Ed Sheeran war. Dieser ist wohl ein alter Kumpel seines Kumpels. Jarred zeigt uns Selfies mit seinem Buddy "Ed" und erzählt, wie er bereits auf sämtlichen Konzerten backstage dabei war.


Wir steigen ins Flugzeug und Sonja ist schon hibbelig, da sie extra Fensterplätze reserviert hat, damit wir die rote Wüste von oben sehen können. Ratet mal, wer es geschafft hat, den einzigen Fensterplatz ohne Fenster im ganzen Flugzeug zu reservieren:


Hier übrigens die selbe Sitzreihe nur auf der anderen Seite.



Die Laune hebt sich schnell wieder, als wir in Alice Springs landen, denn wir sind im berühmten Red Center des roten Kontinents - juhu! Nachdem wir unseren Mietwagen abgeholt haben, fahren wir zum wohl süßesten Hostel der Welt. Das Alice's Secret Travellers Inn ist mit so viel Liebe gemacht, das wir fast traurig sind, hier nicht noch ein paar Tage zu bleiben - zumindest haben wir nach unserem Roadtrip noch eine Nacht hier.


Am nächsten Tag geht es sehr früh los zu unserem ersten Ziel: Der West MacDonnel National Park. Hier reihen sich die Sehenswürdigkeiten, die hauptsächlich aus Schluchten bestehen, nur so aneinander. Und jede einzelne ist einzigartig schön.


Wir beginnen bei Simpsons Gap, wo wir ganz alleine sind und die Stille der Natur genießen und die roten Felsen bewundern. Anschließend fahren wir zu Stanley Chasm, eine weitere Schlucht, die auf einem privaten Gelände liegt und deshalb Eintritt verlangt - kein Problem, denn die 12 AUD lohnen sich sehr. Wir haben wieder Glück und sind bis auf eine Familie ganz alleine in der steilen, roten Schlucht, die aussieht, als wäre sie einfach durchgeschnitten worden. Auf der anderen Seite lässt sich ein Paradies erahnen, welches jedoch aufgrund eines kleinen Sees nicht zugänglich ist.


Auf dem Weg zum Ausgang, nehmen wir eine versteckte Abzweigung, von der Sonja in einem Blog gelesen hat - zum Glück! Denn was uns nach dem steilen Aufstieg erwartet, ist jede Schweißperle wert. Eine grandiose Aussicht auf die Umgebung, leuchtend rote Felsen und das bei strahlend blauem Himmel. Wow!



Unser letzter Stop für heute heißt Ormiston Gorge und ist unser Highlight im West MacDonnell National Park. Wir machen die Loop Wanderung und haben sie ganz für uns alleine. Es geht entlang der Schlucht über Felsbrocken und Sand, bis wir unten am Wasser ankommen. Hier ist es bis auf das Echo unserer Jubelschreie totenstill und wunderwunderschön. Das Wasser steht so hoch, dass wir für den Loop hindurch schwimmen müssten, deshalb drehen wir um und genießen die gleiche Sicht einfach nochmal. Als krönenden Abschluss springen wir an einem kleinen Strand in der Schlucht ins Wasser - es ist himmlisch!



Was wir bisher etwas auf unserer Reise vermissen, erfüllt sich am heutigen Abend. Wir verbringen ihn gemeinsam mit fünf anderen, super coolen Camper:innen und machen im Dunkeln zusammen nochmal einen kleinen Ausflug zur Ormiston Gorge, in der Hoffnung noch irgendwo coole Tiere zu sehen. Die Tiere bleiben aus, leider oder zum Glück, so sicher sind wir uns da nicht, doch Spaß gemacht hat es trotzdem


Am nächsten Tag fahren wir weiter von Gorge zur Gorge, das ist ganz offensichtlich die Hauptattraktion des Nationalparks und einer ist schöner als der andere.


Weiter geht es Richtung Kings Canyon. Wir buchen uns eine Nacht auf dem Campingplatz einer nahegelegenen Kamelfarm und fahren anschließend zum Canyon. Es gibt zwei Wanderungen zu machen, eine kurze und eine lange, und wir machen als kleinen Vorgeschmack zunächst die kleine. Vollbepackt mit Brotzeit und Snacks laufen wir los und merken, wie kurz die Wanderung ist - wir brauchen ca. 30 Minuten hin und zurück. Schön war sie allemal!



Zurück am Campingplatz wollen wir noch den Sonnenuntergang ansehen. Der Weg zum Sunset Lookout besteht aus leuchtend rotem Sand und Buschland und oben angekommen haben wir einen spektakulären 360 Grad Blick auf unsere Umgebung.


Etwas enttäuscht vom Sonnenuntergang, der zwar schön, aber jetzt nicht wahnsinnig außergewöhnlich war, so wie man es hier erwarten würde, gehen wir zu unserem Auto zurück, nur um dann zu merken, dass das eigentliche Spektakel erst jetzt kommt. Der Himmel leuchtet in gelb, lila, rosa, orange und ist unfassbar schön. Wir ärgern uns ein wenig, nicht oben geblieben zu sein und merken uns für die Zukunft immer auf den Afterglow zu warten.



Zum Sonnenaufgang kommen wir beim Kings Canyon an und starten den 11 km langen Loop Track. Alex Aussage "Ich hab dich noch nie so viele Fotos machen sehen." lässt wahrscheinlich erahnen, wie atemberaubend schön es dort ist. Die Felsformationen sind so, wie wir sie noch nie gesehen haben, die Schlucht ist gewaltig und die Natur umwerfend. Ganz klar unser Highlight im Red Center.


Next Stop: Uluru. Auf der Fahrt sehen wir wilde Kamele und sind umgeben von der roten Wüste. Es ist nicht so, dass hier einfach nur roter Sand ist, es wachsen durchaus viele grüne Pflanzen und Bäume. Es sieht aber einfach toll aus, wie der Sand dazwischen leuchtet. Wir merken vor allem, dass es die letzten Tage nicht geregnet hat, da es roter ist, als auf der Hinfahrt zum Kings Canyon.



Nachmittags kommen wir beim Kata Tjuta National Park an und fahren erstmal zu The Olgas, keine Gruppe ungarischer Damen sondern weitere besondere Felsformationen in der Nähe des Ayers Rock. Auch hier wandern wir den Rundweg entlang, durch die rund geformten Felsen, analysieren das Hörbuch "Project Mary" welches wir gerade hören (große Empfehlung für SciFi Fans) und sind begeistert.


Wenn man im Red Center von Australien umherfährt, darf eines natürlich nicht fehlen: der Ayers Rock - Uluru. Wir wollen den 10 km Track um den Stein herum gehen und schließen uns vorher noch der kostenlosen Guided Tour mit einem Aborigine an, der uns etwas über den Uluru und die Flora und Fauna des Gebiets erzählen soll.


Der Konjunktiv ist hier ganz bewusst gewählt. Unser Tour Guide Peter ist sicher ein guter Ratschpartner aber kein so famoser Tour Guide. Er braucht 600 Nebensätze, um auf den Punkt zu kommen, erzählt ellenlange Vorgeschichten, die mit der Pointe dann nichts zu tun haben, fragt das Publikum auf nervige Art über die unnützen Dinge ab, die er gerade gesagt hat und gibt uns keine einzige hilfreiche Information in 1,5 Stunden. Ein Beispiel: Wir wissen nun aufgrund wiederholter Erzählung und Abfrage, dass es in Melbourne ein Krankenhaus, einen Friedhof, einen Kindergarten und eine Shopping Mall gibt und dass seine hypothetische Bekanntschaft aus London den gleichen Rugby Club liebt und auch in Melbourne lebt. Um die Geschichte noch inhaltsloser zu gestalten, malt er mit einem Stock unkenntliche Ringe und Linien in den Sand. Ungeduldig und letztendlich vergeblich warten wir auf die Verbindung seiner Geschichte mit dem Ayers Rock.


Wir sind extrem gelangweilt und trauen uns nicht, einfach zu gehen - das wäre irgendwie auch gemein. Irgendwann schaffen wir es doch, uns abzukapseln und laufen unseren geplanten Rundweg los. Der Uluru ist ein wirklich ganz besonderer Felsen. Seine Rundungen die sich aus der rundum flachen Erde erheben sind einzigartig und die zahlreichen Schilder in bestimmten Abschnitten des Weges, man dürfe keine Fotos aufgrund des heiligen Guts machen, lassen ihn irgendwie magisch wirken.



Der Rundweg zieht sich zum Ende hin etwas und wir hätten uns gewünscht, länger direkt am Fels entlang zu gehen, gleichzeitig war für uns echt cool, hier gewesen zu sein und dieses Wahrzeichen zu besuchen. Im Vergleich mit dem davor besuchten Kings Canyon ist er jedoch nicht so spektakulär.


Am nächsten Tag fahren wir den weiten Weg zurück nach Alice Springs und verbringen eine weitere Nacht im süßen Alice's Secret Travellers Inn. Wir bekommen sogar ein Upgrade und schlafen in der "Alpine Hut" die uns Heimatgefühle schenkt. Am späten Nachmittag möchten wir noch zum "botanischen" Garten, da hier sichere Sichtung von Black Footed Rock Kangaroos versprochen wird. Und tatsächlich wimmelt es hier von den kleinen Beuteltieren, wir sehen sicher 25 Stück, manche davon sogar mit Babys im Beutel!



Ein wunderschöner Abschluss unseres Roadtrips im roten Zentrum.

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