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Phallusfelsen und Großstadtdschungel

  • Autorenbild: Sonja
    Sonja
  • 16. Okt. 2023
  • 7 Min. Lesezeit

Da es mit unserem ersten Wanderausflug ja so blendend geklappt hat, geben wir dem Ganzen nochmal eine Chance.


Entlang der lykischen Küste verläuft mit 508 km der Lykische Weg, eine der beliebtesten Langstreckenwanderungen der Welt. Wie praktisch, dass wir die malerische Küste sowieso entlang reisen. Mit dem Kleinbus fahren wir nach Faralya zum Butterfly Valley, um von dort aus einen Teil des Lykischen Weges zu erkunden.


Bereits der Startpunkt ist spektakulär schön. Wir stehen am Rande der massiven Schlucht und staunen über den Blick aufs Meer.


Auch die weiteren 15 Kilometer führen uns entlang der wunderschönen Küste bis unser Weg an einem kleinen überfüllten Strand endet, wo wir aufgrund der 35 Grad so schnell ins Wasser rennen, wie jeder Mensch, der am Bugasee über den heißen Kiesel muss, um ins Wasser zu kommen.

Apropos überfüllter Strand: Generell merken wir an der Küste, dass wir definitiv zur falschen Jahreszeit hier sind. Alle Orte sind extrem überfüllt, die Unterkünfte sind ziemlich teuer und das Ganze fühlt sich eher an wie ein Sommerurlaub als eine Weltreise - hätten wir uns im August auch denken können.


Zum Beispiel kostet uns der Eintritt zum Strand im sogenannten Backpacker-Himmel Olympos 40 € für drei Tage. An diesem Strand gehen den ganzen Tag Schreier entlang die "Iced Coffeeeeeeeee" oder "Waaaaaater, Aquaaaaaa" oder "Fresh Musssssseeeels" verkaufen und stören gemeinsam mit den 608 Sonnenschirmen, 124 Musikboxen und den stündlich eintreffenden Partybooten die schöne Kulisse . Wir laufen ein gutes Stück weg vom Eingang, sodass wir die Idylle einigermaßen genießen können.

Um dem Ganzen etwas zu entkommen, wandern wir noch einen zweiten Teil des Lykischen Weges, welcher zwar auch gut besucht ist - jedoch nicht von Menschen, sondern von Hunden.


Unser Start ist der kleine Ort Adrasan, in welchem wir von drei süßen Schnüfflern aufgegabelt und dann bis ins 16 Kilometer entfernte Olympos begleitet werden. Wir teilen unser Trinken, pushen uns gegenseitig die steilen Stücke auf und ab und sind traurig, als sich unsere Wege am Ende der Wanderung wieder trennen. Es ist wirklich total verrückt, dass die drei Hunde die ganze Strecke mit uns gelaufen sind und wir können uns bis heute nicht erklären, warum.

Versuch zwei, um den Massen zu entkommen: Wir tauchen ab! Uns wird in diversen Blogs versprochen, das der Ort Kas DER Tauchspot in der Türkei sei. Wir fragen uns, wo die Autor:innen bisher getaucht sind, denn die Unterwasserwelt hier hat tatsächlich überhaupt nichts zu bieten. Wir sehen Sand, eine Schildkröte, keine Fische und ein paar Vasen aus der Römerzeit.


Jedoch ereignet sich ein seltenes, amüsantes Schauspiel. Ein Säugetier der nördlichen Hemisphäre schwebt grazil durch die Unterwasserwelt und posiert ungefragt für unsere Kamera mit einer der Vasen. Über die entstandenen Videos hat sie sich so sehr gefreut, dass es uns das Herz erwärmt.


Zurück zum Thema Wandern: Kappadokien im Landesinneren lässt unsere Wanderherzen täglich höher schlagen.


Aber von vorne. Nach einer Nachtbusfahrt in Göreme angekommen, beziehen wir unser süßes Hostel mit Stockbetten und Pool. Wir erkunden zunächst den berühmten Ort, der mit Cave Luxushotels lockt, die wir uns leider nicht mehr leisten können.

Wir sind froh, dass die Ferienzeit inzwischen um ist, denn sicherlich ist es dann noch viel voller als es während unseres Aufenthalts eh schon ist. Genau wie an der Küste, gibt es scheinbar auch hier kein echtes, türkisches Leben mehr. Alles ist auf Tourismus ausgelegt, die Restaurants sind überteuert und die Souvenirshops haben nur Schund. Die Lage der Stadt ist jedoch einmalig. Sie liegt inmitten der verrückten Felsformationen Kappadokiens und bietet vor allem vom Aussichtspunkt bei Sonnenuntergang eine ganz besondere Atmosphäre.

Wir lassen uns von sämtlichen Freundinnen von Sonja davon überzeugen, eine Heißluftballonfahrt zu machen, was wir uns eigentlich hatten sparen wollen. Danke an alle Gönner! Zum Glück haben wir dies nicht getan, denn es war ein unvergessliches Erlebnis.


Um 6 Uhr morgens fahren wir (ja, mit dem Ballon fährt man) über die skurrile Landschaft, sehen von hoch oben den Sonnenaufgang, der die Felsen in verschiedene Farben taucht und sind schlussendlich begeistert von den Skills unseres Ballon-Fahrers? -Kapitäns? -Piloten? -Lenkers? Dieser schafft es doch tatsächlich bei Landung den Korb, in dem wir zu zwanzigst stehen, genau in den Anhänger des bereitstehenden Autos zu parken - und das obwohl man Ballons ja bekanntlich gar nicht lenken kann.

Die Ballonfahrt ist tatsächlich nicht nur ein Instagram-Hype. Wir würden es beide wieder machen und allen empfehlen, die nach Kappadokien reisen.


Trotz der verlockenden Angebote, hat Sonja sich gegen ein Shooting mit gemietetem Derss entschieden.

Natürlich wollen wir die Region nicht nur aus der Luft erkunden und gehen dreimal in die verschiedenen Täler Kappadokiens. Diese haben märchenhafte Namen wie Love Valley, Sword Valley, Rose Valley, Pigeon Valley, White Valley ... die Liste ist lang.


Und genauso märchenhaft wie die Namen es versprechen, sind die Täler auch. Jedes ist auf seine ganz eigene Art besonders und die Felsformationen werden gefühlt immer skurriler. Von Spargelköpfen und glatten Hügeln über Zwergenhäuser und Zipfelmützen bis hin zu Phallusformen und Pilzköpfen ist fast alles dabei.


Besonders die Geschichte zu den Penisfelsen im Love Valley ist erwähnenswert: In diesen sollen Feen wohnen, die Männer verführen. Bei unserem wirklich atemberaubenden Sonnenaufgang in diesem Tal war Alex schon besonders zufrieden und glücklich... Allerdings schien er dann doch mehr von der Hündin, die uns ganze 8 km begleitete, verführt, als von fliegenden Wesen.

Unsere Begleithündin steht noch im Dunklen am Wegrand, während sie uns mit ihren, von unseren Taschenlampen, reflektierenden Augen anstarrt und springt plötzlich mit wedelndem Schwanz auf uns zu - kurz dachten wir, sie greift uns an, doch am Ende hat sie sich wohl einfach so sehr gefreut, dass jemand mit ihr zum Sonnenaufgang spazieren geht.


Wie selbstverständlich legt sie sich als es soweit ist auf einen Premiumplatz und schaut mit uns die in der Ferne aufsteigenden Heißluftballons an, bevor wir zu dritt weiterwandern.

Bei einer Wanderung zum Sonnenuntergang, lassen wir uns ein wenig zu viel Zeit mit Fotos, Gipfelbier und Felsen erkunden, sodass wir irgendwann im Stockfinsteren Sword Valley stehen und laut Karte noch 3 Kilometer vor uns haben. Mit Taschenlampen bewaffnet gehen wir motiviert weiter und finden uns plötzlich in einem, im Dunklen doch sehr gruselig wirkenden, Canyon wieder. Die Steilwände links und rechts sind sicher 20 Meter hoch und der Canyon so schmal, dass wir teilweise seitwärts durchgehen müssen. Wir müssen außerdem Leitern erklimmen, gebückt durch Tunnel gehen und die finstere Schlucht nimmt einfach kein Ende.


Wir werden von Minute zu Minute nervöser, das GPS hier drin funktioniert auch nicht, und entdecken schließlich einen Mini-Feldweg der vermeintlich aus dem Canyon führt. Da es ja stockfinster ist, sehen wir absolut gar nicht wo wir herauskommen - zusätzlich hat Sonjas Handy, mit funktionierendem Internet, nur noch 5 % Akku.


Glücklicherweise findet Alex Handy unter nun wieder freiem Himmel ein GPS-Signal und wir nach einer dreiviertel Stunde Grusel-Abenteuer endlich auf die Straße. Da hätten wir wohl doch ein wenig früher auf die 16 Kilometer Wanderung losgehen sollen - ups.

Es ist übrigens sehr faszinierend, dass die meisten Touristen, die hier her kommen, scheinbar nur die Ballonfahrt machen und evtl. noch mit dem Auto zu 1-2 Sonnenuntergangspots fahren. Auf sämtlichen Wanderwegen treffen wir kaum eine Menschenseele, was das Erlebnis für uns natürlich noch viel schöner macht.


Gleichzeitig können wir das absolut nicht nachvollziehen, denn zum einen sind die Wege leicht zu gehen, wenn man auf Nachtwanderungen verzichtet, und zum anderen gehört Kappadokiens Landschaft definitiv zu den schönsten, die wir je gesehen haben. Diese von unten, oben und aus den verschiedensten Winkeln zu sehen, hat das Ganze für uns erst so grandios gemacht. Man verpasst unserer Meinung nach die echte Schönheit der Region, wenn man nicht ein bisschen darin umherläuft.


Den zweiten Teil unseres Aufenthalts verbringen wir im, auf einem Hügel liegenden, Uchisar, welches mit seinem komischen Höhlenschloss die Skyline von Kappadokien schmückt.


Hier geht es generell etwas ruhiger zu, wir haben für weniger Geld ein RIESEN Hotelzimmer mit eigenem Bad und Sonja isst den besten Veggie-Döner der Türkei. Wir steigen aufs Schloss, wandern in die umliegenden Täler, klettern in Höhlenkirchen, pflücken reife Äpfel von den Bäumen und lassen die letzten Tage vor dem Großstadttrubel Istanbul entspannt ausklingen.

Merhaba Istanbul! Voller Vorfreude erreichen wir die mega Stadt und beziehen auf der europäischen Seite der Stadt unser kleines Air Bnb Zimmer in einer türkischen WG. Diese ist jedoch sehr anonym und wir haben leider kein einziges Mal Kontakt zu den Bewohnern. Umso mehr Kontakt haben wir zum Bäcker auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der uns jeden Morgen mit den besten Simit der Türkei und köstlichem Cay versorgt. Dieser hat übrigens auch den besten türkischen Honig in der Auslage, von dem wir uns in den nächsten 3 Tagen viel zu viel reinmampfen.

Istanbul ist so groß, dass es wirklich schwer fällt zu entscheiden, was man sich überhaupt angucken möchte. Man könnte hier sicherlich 2 Wochen verbringen und immer noch lange nicht alles gesehen haben.


Deshalb starten wir mal mit den Basics und besuchen direkt am nächsten Morgen die Hagia Sofia. Davor tummeln sich bereits tausende von Menschen, alle wollen die historisch so bedeutungsvolle Moschee sehen.


Nach 20 Minuten in der schnell vorangehenden Schlange betreten auch wir das Gebäude. Sonja bekommt erstmal einen Kloß im Hals und Alex entfährt ein lautes "Wow!" - wer ihn gut kennt, weiß, wie selten ein Gefühlsausbruch dieser Art ist. Wir wissen gar nicht so richtig wieso, aber wir sind schlichtweg überwältigt. Die Stimmung in der Haga Sofia ist ganz besonders, trotz dem Gewusel der 500 Mitmenschen, die auch mit offener Kinnlade dastehen.

Direkt gegenüber befindet sich die berühmte Blaue Moschee. Diese ist vor allem für ihre blauen Ziegel im Innern bekannt und ist ebenso traumhaft schön.

Und so hüpfen wir drei Tage lang gut gelaunt von Moschee zu Moschee, schlendern von Gasse zu Gasse und erkunden außerdem die hippen, bunten Stadtteile Kariköy und Balat. Des Weiteren machen wir eine Free Walking Tour, in der unser charmanter Tourguide uns über das Schul- und Gesundheitssystem erzählt, subtil über den "Mushroom Head" oder "Great Superior" stänkert und uns durch etwas abgelegenere Teile des Hauptattraktion-Viertels führt.

Nach drei Tagen Europa zieht es uns wieder nach Asien und wir wechseln Bosporusseite, um für drei weitere Tage in Kadiköy unterzukommen. Von der ersten Sekunde an merken wir, dass wir abseits der Touristenpfade sind. Keine Souvenirshops, keine Taxifahrer die dich nerven, keine Massenwanderungen. Hier geht alles ziemlich entspannt zu, ein cooles Studentencafé mit Katzen reiht sich ans nächste und die Menschen, die hier unterwegs sind, haben ein Ziel.

Apropos Katzen: Was uns im ganzen Land schon begeistert hat, erreicht in Istanbul ein neues Level. Wir lassen Bilder sprechen:

Zu Fuß erkunden wir Kadiköy, gehen dreimal am Tag Kaffee trinken (wie auch nicht, bei all der tollen Auswahl?) und machen außerdem eine zweistündige Bosporusfahrt. Begleitet von Möwen, die mit Brotstücken wedelnden Menschen aus der Hand fressen, fahren wir entlang der Ufer und sind erneut erschlagen von der Größe dieser Stadt. Es wird definitiv nicht unser letztes Mal in Istanbul gewesen sein.

Die Türkei verlassen wir mit mehreren Gefühlen. Kappadokien, Istanbul, und Bergama mit den Pergamon Ruinen sowie die unermüdliche Herzlichkeit der Türk:innen waren definitiv Highlights unserer Weltreise, die wir auf keinen Fall missen wollen und jedem nur ans Herz legen können.


Gleichzeitig war August die falsche Wahl, um hier zu reisen und wir würden das nächste Mal anstelle der Lykischen Küste lieber in den Osten des Landes oder ans Schwarze Meer fahren, um mehr von der echten Türkei zu erleben. Außerdem hat uns der erhoffte intensive Austausch mit Einheimischen gefehlt, andere Backpacker haben wir auch keine getroffen und es fühlte sich irgendwie nicht so richtig nach Weltreise an - schwer zu beschreiben.


Wir sind bereit für das nächste Abenteuer: Peru, venemos!

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