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Oh du süße Sulawesi

  • Autorenbild: Alex
    Alex
  • 27. Juli 2023
  • 5 Min. Lesezeit

Was wir hier auf dieser indonesischen Insel erleben, wahrnehmen und spüren wird uns sehr lange bleiben. Ausschlaggebend sind die Menschen denen wir begegnen. Es geht um Menschlichkeit, Freundschaft und besonders Gastfreundschaft.


So beeindruckt sie von unserer hellen Haut und den blauen Augen sind, ebenso offenen sind sie. Ein freundliches Winken über 10 Meter hinweg und schon werden Fotos gemacht und wir zu allem erdenklichen eingeladen. Aber von vorne.


Als wir in Sengkang bei unserer Unterkunft ankommen ist der englisch und deutsch sprechende Anton nicht da. Seine Tochter nimmt uns, ohne ein Wort von dem zu verstehen, was wir sagen, auf und bietet uns das frisch gekochte Essen der Familie an, es ist nämlich islamische Opferfest und kein Restaurant hat mehr offen. Hungrig schlagen wir zu, bzw. ich.


Es gibt dreierlei indonesisch vom Huhn.

Rot ist in einer Chilimarinade, Sambal, dem wir in verschiedensten Varianten begegnen werden. Gelb ist Curry und Weiß lässt mich zögern. Es sieht nach suppig mit weiß und Stückchen aus. Hätte ich mich geärgert. Es handelt sich um eine Kokosnuss-Lemongras-Suppe, in der das Hühnchen gekocht wird. Die Kombination deftig-süß und gleichzeitig dieses dezente aber präsente Zitronengrasaroma, das ich so liebe.

Während wir essen kommt Anton nach Hause und heißt uns willkommen. Dazu erklärt er, dass was wir gerade essen ein äußerst seltenes Festtagsessen ist, welches es so nur zu diesem Feiertag gibt und auch in Restaurants nicht zu finden ist. Ich schäme mich kurz für die Unmengen, die ich gegessen habe und fühle eine Dankbarkeit, hier nach den Reisestrapazen so herzlich empfangen worden zu sein.


Direkt am nächsten Morgen befinden wir uns inmitten des Lake Tempe auf schwimmenden Häusern. Das erste was in diesen Räumlichkeiten passiert, ist, dass wir mit Essen überhäuft werden. Getrockneter Fisch frisch von der Veranda, Sticky Reis in Mini-Milk Form, frittiere Bananen und frischer Tee.

Noch absurder für den den deutschen Gartentürabsperrer ist unsere Ankunft am Lake Poso. Nach zehn Stunden Fahrt kommen wir zusammen mit einem niederländischen Pärchen, das wir zu diesem Zeitpunkt schon unsere Freunde nennen, in unserer Unterkunft an. Wir beziehen schnell unsere Bungalows und treten gleichzeitig vor unsere Tür. Fünf Meter entfernt, auf der Fläche der Anlage, befindet sich eine ca. 15-köpfige indonesische Familie die uns energisch zu sich winkt. "Makan, Makan, Makan" - "Essen, Essen, Essen" - soweit sind wir der Sprache schon mächtig.

Wir können uns so schnell garnicht umsehen, dann sitzen wir im Kreis der Familie am Boden, jeder hat ein Blatt Papier vor sich und uns wird mehr als reichlich Reis, gebratener Fisch, Fleisch in verschiedensten Formen, Gemüse gefolgt von Wasser und Kaffee gereicht. Wir unterhalten uns im Rahmen der möglichen Verständigung über europäische Fußballspieler und indonesische Inseln. Das ist der herzlichsten und unbefangenste Empfang, der uns jemals gemacht wurde.

Diese Einstellung uns gegenüber werden wir immer wieder erleben, auf die ein oder andere Art. Niemand ist misstrauisch, skeptisch, sondern man empfängt uns mit offenen Armen. Die Einladungen anzunehmen, versuchen sich zu unterhalten und Dankbarkeit zu zeigen, scheint der Weg dieser Gastfreundschaft gerecht zu werden. Wir geben unser Bestes.


Der einfachste Akt der Gastfreundschaft ist eine Tasse Kaffee, das weiß jeder. Man bietet sie neuen Bekanntschaften ja auch gerne um 3 Uhr nachts ohne jeglichen Hintergedanken an.


Wie dem auch sei, der Kaffee hier ist anders als alle zumindest in Deutschland verbreiteten Arten. Vorweg, es gibt erstmal zwischen Espresso, Crema, Filter, usw. kein besser und schlechter, nur anders. Ich weiß das klingt wie ein ganz schlechter Aufmunterungsversuch für untalentierte Kinder, ist es aber nicht.


Die Zubereitung von indonesischem Kaffee ist simpel. Man nehme eine beliebige Menge sehr fein gemahlenes Kaffeepulver und gieße es mit heißem Wasser aus einer leuchtturmgroßen Thermoskanne auf. Dann umrühren und kurz warten. Der Kaffeesatz setzt sich am Boden ab und es bleibt ein einfacher Kaffee. Das ist in erster Linie eins, einfach. Keine verrückten Noten von Beeren, Schokolade oder papua-neugineaischer Mangobaumrinde, sondern einfach heißes Wasser mit klarem Kaffeegeschmack. Zusätzlich ist er nicht bitter, weil er nicht klassisch aufgebrüht ist, denn die 27 Liter Wasser in der Thermoskanne bleiben nicht den ganzen Tag bei 100 Grad.

Die Zubereitung ist auch deshalb so einfach, weil der Kaffee sehr verzeihlich ist, was die Menge an Pulver betrifft. Ob ein oder zwei Esslöffel macht geschmacklich keinen dramatischen Unterschied und man hat nicht direkt den Herzschlagrythmus einer Singer-Nähmaschine. Der einzige herausfordernde Teil ist dann der letzte Schluck. Mit akribischer Präzision muss man sich beim letzten Sipp die schwarze Brühe sehr langsam in den Schlund gießen, um jegliche Kindheitserinnerung an Sandkuchen zu vermeiden.


Mit passendem Süßzeug zum Kaffee wird hier nicht gekleckert, sondern geklotzt. Überall zu finden sind frittierte Bananen in einer Reismehlpanade, wahlweise übergossen mit Schokosauce, Käse, beidem oder auch Honig. Wer sich die Komposition Banane, Fett, Schokolade und Käse heftig vorstellt, der hat erstens Recht und wird zweitens überrascht sein. So wild schmeckt es garnicht, kann man alle 12 Jahre schonmal machen ohne direkt an Diabetes zu erkranken.


An einem Punkt bekommen wir frischen Honig vorgesetzt und er reiht sich direkt in die süße Welt ein. Kaum süß, dafür mit einem blumigen Aroma und sehr flüssig, gießen wir ihn über die frittieren Bananen und hoffen keine eingelegte Ameise erwischt zu haben.

Oft eingesetzt, weil regional hergestellt, ist Palmzucker. Wir lassen uns den Prozess auf einer lokalen Plantage erklären. Der Saft der Palme wird erwärmt und sterilisiert, um anschließend zwei bis drei Stunden gekocht zu werden. Je nachdem erhält man dann Palmzucker in flüssiger Form, als Block oder Granulat. Überraschenderweise sind die unzähligen Katzenbabys die wir sehen deutlich süßer als der Palmzucker. Er hat eher einen leichten rauchigen Touch.

Mit diesem Palmzucker wird dann zum Beispiel Cucur hergestellt. Schmeckt wie eine etwas fettigere und rauchigere Version von Auszog'nen.

Für alles Süßmäuse, denen noch nicht das Wasser aus den Mundwinkeln tropft - darf ich vorstellen: Martabak. Hier der Herstellungsprozess.


Man nehme eine Art Pfannkuchenteig und packe ne Tonne Zucker druff.

Schokolade drauf.

Da geht noch mehr.

Noch bisschen.

Käse, ganz wichtig.

Süß genug? Ich glaube nicht. Ergo, Kondensmilch.

Macht dann 1€.

Das unfassbare ist aber nicht die Zubereitung bei der einem die Kinnlade so weit runterfällt, dass man das Martabak direkt reinlegen könnte, sondern dass es einfach nach einem normalen süßen Gebäck schmeckt.


Bei der verfügbaren Auswahl fragt man sich schon, wieso Übergewicht hier kein Problem zu sein scheint. Die Menschen sind schlank und rank. Natürlich sind besonders Kinder interessiert an den kleinen Leckereien.


Um unsere langen und zähen Reisen erträglicher zu gestalten, legen wir uns einen Vorrat von zweierlei Lutschbonbons zu. Kopiko und Tamarinden Bonbons.

Kopiko sind einfach süße Kaffeeguttis, die dem Slogan entsprechend immer und überall geschleckt werden können. Das Pendant ohne Kaffee, aber mit Säure, ist genauso beliebt und basiert auf Tamarinde.


Bei Konsum gilt nur eines zu beachten. Sobald Kinder in der Nähe sind und sie das Rascheln der Packung vernehmen, schnellen ihre Raketenärmchen in Schallrichtung aus und fordern die Ware ein, unabhängig davon, ob der Organismus gerade schläft oder nicht. Falls nicht in unmittelbarer Nähe, aber Zeuge einer Süßigkeitenspende, setzen sich ihre Raketenbeinchen in Bewegung, um den ihnen zustehenden Anteil zu ergattern.


Wenn einen die Bernsteinaugen dann anleuchten, wünschte man, man hätte mehr Guttis dabei.



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