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Maori - Wo?

  • Autorenbild: Alex
    Alex
  • 16. Apr. 2023
  • 9 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 22. Apr. 2023

Ich glaube meinen Einstieg in die maorische Küche gefunden zu haben und zwar mit einem fermentierten Getränk. "Oh man, jetzt kommt der schon wieder mit Fermentation", "Ja, wir wissens jetzt" oder einfach nur "Geil, erzähl mir mehr" höre ich euch sagen.


Wir befinden uns im Cafe Whanake Gallery & Espresso Bar in Westport an der malerischen Westküste Neuseelands. Die Kleinstadt passt mir aber hier nicht so recht ins Bild. Als alte Goldgräberstadt, die heute maßgeblich vom Kohleabbau lebt, hat sie nichts von dem, was sich Flair nennt. Natürlich nicht, das haben Dortmund, Essen usw. hinlänglich bewiesen. Die im Schachbrettmuster angelegten Straßen und Diner-ähnlich Restaurants erinnern stark an eine US-Stadt der Südstaaten oder zumindest das, was ich mir darunter vorstelle.


Dass hier neuerdings der Vokuhila seine nicht überfällige Revolution erfährt und beinahe jeder Pickup-Trucks durch die Straßen bugsiert, verstärkt den Eindruck immens. Überaus unsympathisch wie ich finde.


Hier eine eindrückliche Bitte, holt diesen vorne-kurz-hinten-lang Haartrend schnell auf, so dass ich nicht Gefahr laufe, das im Jahr 2024 mitzuerleben. Wobei, Münchens Gesellschaft könnte sich vor diesem Trend auch verschließen. Merkt euch meine Worte, beides wird nicht eintreffen und alle Teenager werden im Jahr 2024 diese Friseur tragen.


Das genannte Cafe steht zu all dem im vollen Kontrast. Stilvoll, bequem und ein wenig hip eingerichtet, dazu guter Kaffee lädt es zum verweilen ein, es regnet eh. Im Übrigen ist es nicht so hip, dass sich hier unzählige Typen namens Karl mit senfgelben nicht die Ohren bedeckenden Mützen, Flanellhemden und mit Aufklebern fast unkenntlich gemachten Macbooks einfinden.



Hier läuft mit Angus & Julia Stone sowie den Kings of Convenience die Musik, welche das Gesamtbild abrundet. Ich habe mal circa im Jahr 2011 meinem Vater das Album "Declaration of Dependence" von den Kings of Convenience geschenkt, weil ich empfand, ich sei aus dem Aftershave-Schenk-Alter raus. Hängt vermutlich damit zusammen, dass ich mit 17 begonnen habe, prophylaktisch meinen Gesichtsflaum tagtäglich zu entfernen und dabei realisiert habe, selbst bei dieser Rasurfrequenz würde er mit zwei Söhnen und zwei Anlässen pro Jahr, zu viel Aftershave besitzen.


Aufgrund der entspannten Stimmung, die dieses Album versprüht, klare Hörempfehlung an dieser Stelle, spiele ich es seit mehreren Jahren konsequent an Heiligabend. Aufgefallen ist das glaube ich noch niemandem. Vielleicht ja dieses Jahr.


Dieses Cafe serviert also fermentierte maorische Limonade mit dem Sicherheitshinweis es kann bis zu 1,4 % Vol Alc. enthalten. Meine Limonade besteht aus Gurke, Limette und Wacholder. Auffällig ist die Sprudligkeit. Die auf der Zunge prickelnde Bläschen sind winzig klein und sehr dicht beieinander, ganz im Gegenteil zu einem Mineralwasser der Kategorie Classic, bei welcher man meint maximal 4 bis 5 Blasen gleichzeigt im Mund haben zu können. Das CO2 sowie der eventuell vorhandene Alkohol werden durch die Fermentation erzeugt.



Der Namensbestandteil "Ti" ist der maorische Name für einen "Cabbage-like palm tree", also eine Palme mit kohlähnlichen Früchten aus welchen Tee hergestellt wird und die Basis des Getränks bildet. Sonja ist von ihrer Limonade mit Hibiskus, Kurkuma und Ingwer gleichauf begeistert.


Als Frühstück nehmen wir das einzige vegetarische Gebäckstück, dessen Inhalt und Geschmack ich nicht groß beachtet oder notiert habe, irgendwas mit Kürbis. Dazu noch eine Cheese Roll. Eigentlich würde ich mich über die Dreistigkeit, die wir mit diesem Stück erfahren, echauffieren, aber die Cleverness eine Scheibe Vollkorntoast mit einer Scheibe Käse zu belegen, zusammenzurollen und in den Ofen zu tun, muss ich würdigen.


Als Kontrastprogramm zu dieser Frechheit haben wir einen Durchbruch beim Kochen. Ganz nach meinem Credo "Eine Minute nachdenken am Tag", das nicht mir, sondern einem fast ausgelernten Doktor der Volkswirtschaftslehre entstammt, setzen wir uns hin und überlegen.


Ergebnis: Quesadillas mit Spinatsalat, Paprika, Zwiebeln, Käse und Mais (den wir vergessen werden), dazu Guacamole. Ich erinnere mich bei der Guacamole an den kürzlich erlernten Trick vom Mexikaner meines Vertrauens, der bestimmt nicht weiß, dass er jener ist, und füge Paprikapulver hinzu. Den Rest macht Sonja, wobei sie ein perfektes Ergebnis sowie für gewöhnlich ein Schlachtfeld an der Kochstelle hinterlässt.



Innerhalb der beschriebenen zwei Minuten, jeder hat eine pro Tag, entscheiden wir uns auch noch für Burger mit schwarze Bohnen, getrocknete Tomate und Haferflocken Patties. Ausgiebig gewürzt und mit Essiggurke, Zwiebeln, Käse und Spinatsalat belegt, einfach umwerfend. Es fehlt nur etwas an Bindung, darüber kann man aber getrost hinwegsehen, für Zuhause aber vielleicht zu beachten. Mehrheitlich Sonjas Ideen zeigen, dass es halt doch geht. Man muss einfach nur mal eine Minute nachdenken am Tag. Das gilt übrigens für alles!


Die vegetarische warme Campingkuh ist somit erstmal mal vom Eis. Damit bin ich wieder beim Frühstück. Der Preis ist bei Haferflocken nicht zu schlagen und wenn sich Leistung nur auf das reine Bedürfnis, nicht zu hungern, bezieht, dann Preis-Leistung auch nicht. Also bleibts dabei.


Ich wurde in den zurückliegenden Wochen Zeuge eines mir, vermutlich auch nur mir, neuen Trends. Soaked Oat oder besser eingeweichte Haferflocken. Verbreitet ist die Methode eine beliebige Menge Haferflocken mit viel warmer Milch zu übergießen und dann zu schlafen. Viel besser für die Verdauung und leckerer soll das sein, als nur Haferflocken mit Milch. Der Skeptiker in mir fängt an stark zu rotieren. Ein so großer Mehrgewinn durch solch simple Methodik halte ich natürlich erstmal für Humbug.


Es ist nämlich so. Haferflocken enthalten Pythinsäure, welche viele Mineralien bindet. Folglich werden diese Mineralien im Verdauungsprozess nicht gelöst und verarbeitet und werden einfach wieder ausgeschieden. Indem man Flüssigkeit wie Milch, Kefir oder auch Zitronensaft hinzugibt, findet über die Dauer der Nacht (und noch länger wenn man will) eine Fermentation statt, welche die besagte Pythinsäure zu Teilen entfernt.


Einweichen alleine reicht aber nicht. Wenn man Hülsenfrüchte einweicht, abgießt und kocht wird bis zu 60% der Pythinsäure entfernt und Mineralien wie Eisen können vom Körper verarbeitet werden. Also wenn schon einweichen, dann bitte halt gscheid. Wenn es euch nur darum geht, dass die geschmacklosen Flocken weich sind, dann seid ihr hier nicht mitgemeint.


Im Rahmen dieser Untersuchung stoße ich auf einen Ernährungsblog der mich erschüttert. Er nennt vier Gründe warum man seine Haferflocken nicht mit Kuhmilch verzehren sollten. Erstens weil die Kuhmilch wohl die Eisenaufnahmen hemmt, da kannste einweichen so viel du willst.

Und jetzt anschnallen.

Zweitens weil man ja laktoseintolerant sein könnte. Drittens weil Kuhmilch Pickel macht und abschließend weil sie Fett enthält. Schockiert von den vielen Zusammenhängen von Kuhmilch und Haferflocken verliere ich auf einen Schlag jegliches Vertrauen in alle Ernährungsblogs.


Ich empfehle, bleibt einfach hier, da wisst ihr was ihr bekommt. Passable Bilder von Essen, schlechten Humor und eine welterklärerische Attitüde.


Wir haben uns inzwischen von der West- an die Ostküste von Neuseelands Südinseln geschlichen. Bevor wir aus dem Fischer- und Surferort Kaikourra aufbrechen, habe ich das Gefühl noch den Klassiker der meeresnahen Küche essen zu müssen. Fish and Chips oder, wie ich sage, Fisch und Pomms Fritz



Im Cod & Crayfish entscheide ich mich schweren Herzens gegen die Languste für 50 $ und genehmige mir einen frittierten Blue Cod (Sandbarsch). Der Fisch zerfließt förmlich und hat trotz des heißen Fettbades einen dezenten, entschiedenen und aromatischen Fischgeschmack. Den Saft der halben Zitrone verzehrt die fettige Panade, ohne auch nur einen Rest Säure zurückzulassen. Die Pomms Fritz bemühen sich, sind aber nicht der gewünschte Gegenspieler zum deftigen fettigen Fisch. Ich muss zwangsläufig zurück an Bali denken. Der frisch-saure Kraut-Gemüse-Salat sowie das Chili-Relish, die uns so häufig begegnet sind, würden mit Sicherheit für die nötige Balance sorgen.


Nicht falsch verstehen, das Fish & Chips ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das beste, das ich je hatte, aber das Gericht an sich ist einfach nichts außergewöhnliches. Ein Schmankerl hat der frittierte Fisch jedoch noch, welches einem so schnell keiner nehmen kann. Jedes Bäuerchen der nächsten 36 Stunden werden Erinnerungen an die ansässige Fischfangindustrie hervorrufen. Bon Appetit.


Überpünktlich zur Kreuzigung kommen wir passenderweise in Christchurch an. Wie der Name schon verrät scheint jeder Bewohner streng dem Christentum verschrieben und befindet sich zum Osterfest in der Kirche oder bei der Familie. Für uns bedeutet das, eine leergefegte Stadt und eine Gelegenheit die vielleicht die Geschichte und Kultur der Maori zu ergründen.


Irgendwie ist sie in Form von Tafeln und Infoschildern überall da, aber nicht präsent. Es fühlt sich wie ein Fremdkörper an. Über die Geschichte, die Konflikte mit den Kolonialherren, findet sich wenig bis nichts. In der beeindruckenden städtischen Kunstgalerie hängt zwar sehr viel maorische Kunst, aber in die überwiegend weiße Gesellschaft scheint es nicht eingebunden.


Erklärungen wie diese finden sich in allen Bussen sowie an vielen Orten der Stadt

Die beiden Personen mit welchen wir das Thema anschneiden, entscheiden sich uns von der Sinnfreiheit des Erlernens der Sprache der Maori oder der stereotypischen arbeitslosen Maori Mutter zu erzählen. Die städtische Kunstgalerie stellt zwar viel Maori-Kunst aus, eingebettet in Geschichte oder Umstände ist dies jedoch nicht. Es sticht andere Kunst hervor, obwohl sie doch klar in der Unterzahl ist.



Neben der omnipräsenten und diversen Streetart, bietet uns Christchurch noch drei Highlights. Zwei Foodcourts und ein Abendessen. Ganz getreu dem Motto unseres Couchsurfing Hosts "The more you learn french the more you become a cunt", halten wir uns aus Sicherheitsgründen aber von französischer Küche fern.


Little High Eatery und Riverside Foodcourt tun genau das, was Foodcourts tun sollten: Ein große Varietät an Streetfood bieten, stylisch und hektisch sein, zu wenig Sitzplätze haben, was sich nicht als Problem herausstellt, da, wie schon erwähnt, bald jemand in den Himmel auffahren wird und es daher eher schwach frequentiert besucht ist, und natürlich ganz wichtig, richtig teuer sein.



Wir wühlen uns durch scharfe Dan Dan Seychuan Nudeln, Ramen, indische Zwiebel Bhajis und vieles mehr.


Mal ehrlich, jeder mag Foodcourts, obwohl man mindestens sieben mal durch das ganze Areal laufen muss, um sich für einen Essenanbieter zu entscheiden, ein halbes Vermögen für vier Dumplings oder einen Pulled Pork Burger zu bezahlen, sich dann mit einem runden und bald vibrierenden Etwas auf die unmögliche Suche nach einem Platz für die 9er Gruppe, mit der man unterwegs ist, macht, nur um dann, wenn man endlich einen Tisch hat, an den maximal ein Viertel der Gruppe passt, alle Vibrationsdinger beinahe gleichzeitig losgehen, sodass die zurückbleibende Person, die mitgekommen ist, obwohl sie nicht einmal etwas essen wollte, den Tisch gegen 150 andere Gäste verteidigen muss.


Trotz der genannten Umstände gibt es sicher wenig Einwände gegen die folgende These: Ich denke jede größere Stadt, die etwas auf sich hält, sollte einen haben. Mit Amsterdam (Foodhallen) und Kopenhagen (Torverhallerne) haben zwei Städte, die zweifelsohne nicht nur zu meinen Favoriten in Europa gehören, eine solche Institution.


Warum also München nicht? Vielleicht würde Rose-schlürfendes Publikum mit schwarzen Pelz-Parkas und gelbem funktionslosem Bändchen das Klima des Foodcourts zerstören, aber ein Versuch wäre es doch Wert. Und nein, der Viktualienmarkt und die Schrannenhalle zählen nicht.


Am Donnerstag hatte nicht nur der eingeborene Sohn sein letztes Abendmahl, sondern wir, aus gegebenem Anlass, Grund, es uns in einem schönen Restaurant gut gehen zu lassen. Nach zwei Aufwärmbier in einem mexikanischen Restaurant, machen wir uns auf zu unserem Abendessen.



Im Casa Publica trinken wir das erste Glas nicht-süßen Weins und bestellen Guacamole mit Chimichurri, getrockneten Tomaten, Mais und Zwiebeln. Zu unser beider Überraschung beinhaltet unsere Bestellung auch noch einen Mann.


Er kommt zu Tisch und vollzieht eine wohlstudierte Performance. Alles in eine Schüssel und dann mit dem Löffel so oft gegen die Innenseite der Porzellanschale schlagen bis Guacamole entsteht. Das melodische und ohrenbetäubende Geräusch, gepaart mit der Unfähigkeit, währenddessen das Gespräch weiter zu führen, ist für alle Parteien sichtlich unangenehm.


Die Begeisterung mit welcher der Mann meine Frage "Wie oft hast du das heute schon gemacht?" beantwortet, lässt meinen Versuch die Stimmung etwas aufzulockern einfach apprallen.

Aufgrund des phänomenalen Geschmacks der Guacamole, schließen wir, dass er diesen Tanz schon öfter ausgeführt hat.

Chimichurri in Guacamole, wer hatte denn diese exzellente Idee?


Dazu kommt noch karamelisierter Blumenkohl mit Frühlingszwiebeln und saurer Cocktailsauce. Die Kombi holt wirklich alles aus dem sonst wenig bietenden Blumenkohl.



Meine Hauptspeise besteht aus feinen, rosa gebratenen Lammscheiben auf Patatas Bravas mit Spinatsalat. Das Fleisch gibt ein Mundgefühl, genau so, wie es aussieht. Faserlos und zart. Hervorzuheben sind die groben und fast knusprigen Gewürze, die auf der Außenseite des Lamms zu entdecken sind. Es wirkt, als wären sie mitgebraten, aber haben nicht mal einen Anflug von verbrannt sein. Mein Essen wird dem 06. April gerecht.


Sonja bestellt sich Fajitas mit Süßkartoffeln und Chimichurri. Es sieht anders aus, als was der Mann für unsere Guacamole verwendet hat und ist auch sonst unvergleichlich. Versehen mit einer genussvollen Schärfe und dem typisch frischen Petersiliegeschmack, liegt ihm noch eine weiche fast süße Komponente bei. Ohne Frage das Beste was es heute Abend gibt und das gesamte Essen ist wirklich gut.



Ich kann dem Koch dann mit Hilfe der Kellnerin noch sein Geheimnis entlocken. Rotwein und Vanille. Das lass ich jetzt einfach mal wirken.


Zwei Schluckauf, welche der Betroffenen die Trinklaune kräftig vermiesen, jedoch meine nicht im geringsten beeinträchtigen, und ein Pub voller Späne und Livemusik später, fallen wir um 19 30 Uhr ins Bett.


Eine Mammutaufgabe steht uns noch bevor. Unser schon volles Gepäck muss um jede Menge geerbte Campingausrüstung (größer Gaskocher, Tassen, Schlafsäcke, usw.) ergänzt und durch die strengen Regularien einer Billigairline nach Auckland geschleust werden.


Allein der Gedanke daran stresst mich ungemein, dass ich nicht anders kann und an Essen denke. Passenderweise finde ich eine schöne Analogie welche das Packen zwar nicht erleichtert, aber uns erheitert.


Wir machen Wraps. Sobald wir beginnen vorzubereiten, ahnen wir schon, dass wir zu viele Sachen für unsere Wraps haben und vermutlich satt werden. Wir platzieren alles schön geordnet mit noch offenen Wraps und realisieren spätestens jetzt, dass der Wrap mal wieder viel zu voll wird. Wir quetschen alles rein und den Wrap zu, sodass es an allen Ecken und Ende wieder rauskommt. Wir schaffen es alles ins Ziel hineinzumanövrieren und es kommt unversehrt wir ein Maiskorn in Auckland an.

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