Große Haie, kleine Insel
- Sonja
- 21. Juni 2023
- 7 Min. Lesezeit
Auf dem Luftweg erreichen wir die Philippinen und erleben die einfallsreichste Sparmaßnahmen von Billigairlines. Es gibt keine Sitztaschen. Da wir leider kein Bild davon haben, hier dafür ein Hund am Steuer:

Nicht nur hier wird gespart, auch bei der Polsterung der Sitze wurde offensichtlich Sparpotential entdeckt. Nach zwei folglich unbequemen Flügen erreichen wir Cebu City. Die folgenden Wochen werden von unbequemen Sitzgelegenheiten geprägt sein. Entweder liegt es daran, dass wir unser Sitzfleisch inzwischen abgenommen haben oder die Filipinos sind einfach ein genügsams Völkchen. Die viereinhalb stündige Bus- und Fährfahrt zum Inselparadies Malapasuca Island ist keine Ausnahme dieser Begebenheit. Die Insel mit nur 2,5 km Länge und 800 m Breite lässt uns unsere tauben und wunden Knackärsche dann aber direkt vergessen.
Fast hätten wir es übrigens nicht geschafft. Unser Bus kommt am Hafen an als das letzte Boot eigentlich schon abgefahren sein sollte, aber mit der Pünktlichkeit haben sie es hier auch nicht so. Viel dramatischer ist dann aber die folgende Szene. Eine junge Dame, im Besitz eines großen Rucksacks, eines kleinen Rucksacks und eines Wimmerls und mit der Tendenz zu kleinen Schusseligkeiten rennt auf einmal dem Bus hinterher. Was war passiert? Nun ja, das Wimmerl mit all den Barreserven sowie Kreditkarten war noch im Bus. Ein gedankenschneller und freundlicher Filipino lädt sie umgehend auf ihren Roller und bringt sie zum wartenden Bus. Unbeschadet gelangt es wieder in ihren Besitz und die Reise kann fortgesetzt werden.
Wir beziehen unser süßes Zimmer im Little Mermaid Dive Resort und erfahren, dass die letzten Tage ein Tayfun über die Insel gefegt ist - wir kamen gerade pünktlich für das sich bessernde Wetter.
Malapasuca ist für seine Unterwasserwelt und vor allem für Tauchen mit Fuchshaien bekannt, denn der hiesige Spot ist einer der wenigen auf der Welt, zu dem die Haie täglich aus 200 Metern auftauchen, um sich von Fischen putzen zu lassen. Durch ihre lange Schwanzflosse, die genauso lang ist, wie der Körper des Hais, können sie wie Delfine komplett aus dem Wasser heraus springen. Diesen Vorgang wiederholen sie zwei bis drei Mal, um die Dreckreste nach dem Putzen loszuwerden. Anschließend tauchen Sie wieder ab.

Da wir eh gar nicht so heiß auf noch mehr Haie sind, erkundigen wir uns über "normale" Tauchgänge und erfahren, dass die Fuchshaie auf Malapascua ein Muss sind, sonst ist es als wäre man eigentlich gar nicht hier gewesen. Das Ganze wird uns ziemlich verlockend dargestellt und wir bekommen mehr Lust.
Obendrauf zeigt uns der Tauchlehrer Kevin auf der Karte, dass fast alle Tauchgänge hier aufgrund der Tiefe von bis zu 30 Metern nur für Advanced Divers möglich sind. Er rät uns, den fortgeschrittenen Schein zu machen, um das ganze Erlebnis zu bekommen. Während unser Geldbeutel sich verzweifelt windet, schreit und uns tunlichst rät, es nicht zu tun, entscheiden wir uns einfach dafür.
Am nächsten Tag geht es direkt los und wir widmen uns den Skills Navigation und Perfect Buoyancy.
Kevin lässt uns als Team bei der Landnavigation arbeiten, was heißt, dass er vortaucht und wir uns anhand von Steinen, Korallen, abfallenden Hängen usw. den Weg merken müssen. Sobald er uns ein Zeichen gibt, ist es unsere Aufgabe, ihn zurück zum Boot zu führen. Das geht mächtig in die Badehose. Die letzten paar Steine erkennen wir noch, doch irgendwann sind wir verloren und müssen gemeinsam auftauchen, um das Boot zu finden. Ups. Kevin lacht und bekräftigt uns damit, dass wir in einer schwierigen Umgebung waren und die Landnavigation echte Übungssache ist. Die Navigation mit Kompass gelingt dafür einwandfrei.
Der zweite Skill, Perfect Buoyancy, soll uns ermöglichen, uns perfekt austariert durch das Wasser zu bewegen. Damit wird z. B. verhindert, dass wir den Boden oder Korallen berühren und Marine Life beschädigen. Außerdem macht es den Tauchgang im Allgemeinen leichter, angenehmer und man hat mehr Kontrolle.
Wir tauchen durch Ringe, schweben in Buddha-Pose, einzig kontrolliert durch Atmung und uns werden in schnellen Abständen Gewichte gegeben oder abgenommen, sodass wir alle in unsere Mundstück lachend kopfüber an unserem Tauchlehrer kleben. Ein großer Spaß!
In einem Nebensatz erzählt uns Kevin, wie es heute Abend beim Nachttauchen sein wird. Moment - Nachttauchen? Gestern hatten wir noch darüber geredet, dass keiner von uns je das Bedürfnis haben wird, nachts tauchen zu gehen. Wir bekommen angeboten, einen anderen Skill zu machen, doch Alex ist schon angefixt. Der andere Tauchlehrer, Roland, meint nur: "That's going to be the best dive of your life!" Nagut, diese Reise ist genau für solche Abenteuer. Wir sind dabei.
Um 17:30 Uhr geht's es in der Dämmerung also hinaus aufs Meer. Vor allem Sonja hat Respekt davor, ins schwarze Meer zu springen und ist erleichtert, dass es beim Abtauchen noch relativ hell ist. Die Dunkelheit kommt dann sehr schnell und wir tauchen mit unseren Taschenlampen bewaffnet ins Nichts. Was wirklich cool ist, sind die Tiere, die sich nachts zeigen. Wir sehen viele Krabben, Shrimps, eine schöne Moräne, unterschiedlichste Fische und sogar leuchtendes Plankton.
Tatsächlich vergisst man zwischendurch, dass es Nacht ist und der Tauchgang ist super.
Am nächsten Tag um 5:30 Uhr geht es bereits weiter zum Endgegner. Wir fahren zu den Fuchshaien (auch Drescherhaie genannt), um die Skills Deep Dive 30 Meters und Shark Ecology zu erlernen.
Wir bekommen zunächst eine ausführliche Einweisung zu beiden Skills. Da wir auf 30 Meter tauchen werden, ist die Chance bereits sehr hoch, dass wir den Fuchshaien begegnen und sollen deshalb auch darüber schon alles wissen, auch wenn der eigentliche Tauchgang zu den Haien erst noch kommt.
Während Kevin erzählt, dass Fuchshaie super neugierig und harmlos sind und gerne auch mal richtig nah kommen, um die Menschen zu beäugen und wie wir uns dabei zu verhalten haben, sagt Sonja sich bei steigender Nervosität immer wieder, dass Menschen häufiger von Kühen angegriffen werden als von Haien.
Ab geht es also auf 30 Meter - händchenhaltend, denn Sonja braucht Mut. Wir tauchen voran und bekommen von Kevin plötzlich das Zeichen für Hai. Da sehen wir in der Ferne die gigantische Schwanzflosse eines Drescherhais. Die Freude schlägt die Aufregung sofort. Es ist einfach großartig, diese riesigen Tiere unter Wasser zu sehen.
Auf 30 Metern machen wir kurz einen Stopp und ein Spiel, um zu testen ob jemand von uns bei dieser Tiefe von der Gasnarkose betroffen ist. Diese fühlt sich wohl an, wie betrunken sein und kann sofort damit gelindert werden, die betroffene Person einen Meter höher zu ziehen. Wir bestehen das Spiel einwandfrei und haben somit keine Symptome.
Beim Shark Ecology Tauchgang sichten wir mindestens zehn Fuchshaie, sogar eine Mama mit Kind, und haben zum ersten Mal auch die Kamera dabei. Die Tiere sehen mit ihren riesigen Glubschaugen fast ein bisschen dumm aus und kommen uns zum Glück nicht zu nah. Neugierig sind sie aber allemal und beobachten uns, während sie ihre Kreise ziehen. Danke an dieser Stelle an Finn, der uns dieses großartige Video zur Verfügung gestellt hat.

Nach einem kurzen Ausflug in einen wunderbaren Korallengarten, bei dem wir sogar noch einen farbwechselnden Oktopus sehen, tauchen wir wieder auf und haben ein unvergessliches Erlebnis mehr in unserer Erinnerung. Auf dem Rückweg legt, bis auf den Kapitän, die gesamte Crew ein Nickerchen ein. Die Menschen hier sind wahrlich die Meister:innen des kurzen Nickerchens. Man bedenke, dass wir bis zu diesem Tage nicht auf einer bequemen Sitzgelegenheit saßen. Das scheint unsere Crew nicht weiter zu stören und in idyllischer Ruhe fahren wir zurück, mit unserem neuen Tauchschein in der Tasche.

Da Sonja seit drei Monaten mit rauswachsendem roten Nagellack auf den Fußnägeln herumläuft, sehnt sie sich nach einer Pediküre und wird für 2,30 Euro bei der süßen und vielversprechenden Rosalita fündig. Diese ist im Massagesalon die einzige, die Pediküre drauf hat.
Sie empfiehlt keinen neuen Nagellack aufzutragen, da er beim Tauchen eh schnell wieder weg geht. Schneiden und pflegen genügt. Eine halbe Stunde und viele Lacher später, sagt Rosalita "Finished, Ma'am" und ein Blick auf die frisch pedikürten Füße verrät, dass sie wohl ihrem Namen alle Ehre machen wollte, denn alle Zehen leuchten rosa. Nicht nur die Nägel, nein, die ganzen Zehen. Denn die bemühte Pediküre-Meisterin hat ganz offensichtlich nicht genug Watte und Nagellackentferner vorrätig, um den gesamten Nagellack zu entfernen. Zudem sind die Fußnägel ungleich lang und eher krum geschnitten. Sonja läuft nun also für 1,5 Tage mit rosa Zehen herum und wird ihre Nägel selbst noch einmal nachschneiden.
Egal, Rosalita war ein Goldstück und hat ihr Bestes gegeben. Das Foto ist bereits an Tag zwei entstanden, deshalb ist das Ausmaß des Faux Pas leider nicht mehr ganz sichtbar.

Wir können nicht genug vom Tauchen bekommen und versuchen unsere neuen Tauchfreund:innen Finn, Marleen und Maddie für einen Tagestrip nach Gato Island zu begeistern. Mit Kevin's Worten "It's like Disney Land underwater." ist der, für seine unermüdliche Eurphorie schon allseits bekannte Finn sofort überzeugt und auch Marleen mit am Start - somit haben wir die Mindestanzahl an Personen erreicht und am Tag drauf geht es los.
Das Highlight hier: Man taucht buchstäblich durch die kleine Insel hindurch. Ein 30 Meter langer Tunnel führt auf die andere Seite, wo die kleinsten Seepferdchen der Welt und ein bunter Korallengarten auf dich warten. Neben dem Nachttauchen war übrigens auch das Höhlentauchen, egal in welchem Ausmaß, eines der Dinge, von dem wir dachten, es niemals machen zu wollen. Wenn schon Angst überwinden, dann richtig.
Nach einem kurzen Briefing, tauchen wir mit unserem Dive Master Annibal ab, der uns ruhig durch den Tunnel leitet. Die 30 Meter dauern übrigens, entgegen unserer Erwartungen, nur ca. 3-4 Minuten zu durchtauchen. Die hier oftmals schlafenden Weißspitzen-Riffhaie bleiben vorerst aus, dafür finden wir am Ausgang eine einsame Koralle mit den versprochenen Mini-Seepferdchen. Diese sind tatsächlich nicht größer als Sonjas kleiner Zehnagel und daher fotografisch nicht festgehalten.
Auf der anderen Seite von Gato Island entdecken wir wahrhaftig Unterwasser-Disneyland. Die Korallen haben alle Rosatöne, die es gibt, sie sehen aus wie Brokkoli, Schwämme und geballte Schnullerzipfel. Wir sehen viele verschiedene Fische, eine wütende Moräne, sowie eine Electric Clam Muschel, die in ihrer Höhle sitzend Licht so reflektiert, dass es aussieht als würden elektrische Ströme durch sie fließen. Faszinierend!
Beim zweiten Tauchgang werden wir von einer Strömung am wunderschönen Korallengarten entlang getragen. Ein schlafender Hai sowie die buntesten, verrücktesten Unterwasserschnecken sind dann noch das i-Tüpfelchen.
Da unsere GoPro aus irgendeinem Grund an diesem Tag nicht funktionieren wollte, ist die Auswahl der Fotos leider sehr mau. Die tollen Bilder bleiben jedoch ganz sicher lange in unserer Erinnerung.
Malapasuca Island war nicht nur ein großartiges Taucherlebnis. Wir haben auch Freundschaften geschlossen, mit unserem Tauchlehrer Kevin, der uns an einem Abend zum Essen ausführt. Mit Marleen, mit der wir uns schon für Indonesien zum gemeinsamen Tauchen verabredet haben. Mit der Tauchcrew, der wir bei einem Ausflug zum Tätowierer beiwohnen, wo Bier getrunken und Annibal dabei beäugt wird, wie er sich einen riesen Oktopus auf die Brust stechen lässt. Und mit Finn, der mit seinem Strahlen, seine unermüdliche Euphorie (vor allem Unterwasser) alle köstlich amüsiert hat.
Etwas wehmütig und gleichzeitig voller Vorfreude auf die nächsten Abenteuer, verlassen wir das Inselparadies in Richtung Cebu City.
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