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Sturz ins Abenteuer

  • Autorenbild: Sonja
    Sonja
  • 4. Nov. 2023
  • 9 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Nov. 2023

Ein gelbes Auge, ein Fieber und eines der sieben Weltwunder der Moderne - das beschreibt die zweite Hälfte unserer Peru Reise wohl am besten.


Wie so viele andere Städte Perus liegt auch unser nächste Andenstadt Cusco wunderschön in einem Tal umgeben von bewachsenen Hügeln.

Da Cusco Ausgangspunkt vieler, vieler Sehenswürdigkeiten ist, haben auch wir einiges vor und machen uns gleich am ersten Tag fertig zum Wandern auf den Weg zum Bus, um die Ruinen von Pisac zu besuchen.


Eine übersehene Stufe und eine Bremsung mit dem Gesicht später, sitzt Sonja heulend und zitternd an der Busstation, während eine Peruanerin ihr kühlendes Gel auf die blutenden Wunden an Wange, Lippe und Händen schmiert. Zum Glück sind noch alle Zähne da, Sonjas Freude für den Tag jedoch verflogen. Mit Schmerzen gehen wir also lieber zurück ins Hostel, nachdem die hilfsbereite Frau uns leichtgläubig fragt, ob wir nicht doch noch nach Pisac fahren wollen.


Der Sturz war doch ganz schön heftig und Sonja ist den ganzen Tag und auch den darauffolgenden völlig erschöpft vom Schock, es tut überall weh und sogar einen Unfallmuskelkater meldet sich.


Damit noch nicht genug. Alex bekommt am Nachmittag des Sturzvorfalls plötzlich Fieber, Schüttelfrost und Verdauungsprobleme, ist also auch zwei Tage lang unbrauchbar. Wenigstens zusammen.

Da in drei Tagen unser fünftägiger Trek zum Machu Picchu ansteht, müssen wir uns deshalb selber Ruhe verschreiben und können leider unsere geplanten Ausflüge, wie z. B. zum Rainbow Mountain, nicht machen.


Zurück zu erfreulicheren Dingen: Der Salkantay Trek. Am Abend bevor es um 4 Uhr nachts losgeht, bekommen wir ein ausführliches Briefing von unserem Guide Steven und lernen schon mal die Gruppe - welche sich später Sexy Kondors oder auch Family nennen wird - kennen.

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Unter anderem erzählt uns Steven den Ablauf der Tour haarklein, sagt uns, was wir mitbringen sollen und was wir nicht in die Reisetaschen packen dürfen. Dazu zählen Wasserflaschen, weil die Taschen später auf die Rücken von Pferden, Eseln oder Maultieren gespannt werden und man mehrere Liter Wasser in der Tasche vermeiden möchte.


Sieben Kilo dürfen wir laut Onlineinfo einpacken. Brauchen wir natürlich nicht, weil wir einfach auf extra Unterwäsche (normalerweise braucht man für 5 Tage ja 6 Unterhose - ihr wisst schon, falls ...) sowie Wechselkleidung verzichten. Deshalb stört es uns auch nicht, dass dann doch nur fünf Kilo erlaubt sind, da natürlich der gemietete Daunenschlafsack auch noch rein muss. Wir erfahren außerdem, dass der im Kaufvorgang angepriesene Abholservice irgendwie doch nicht gemacht wird, weil sich das zu sehr in die Länge ziehen würde, und werden gebeten, um 4:30 Uhr beim Büro der Organisation zu sein. Naja.


In aller Hergottsfrüh stehen wir dann also bereit, steigen in den Van und los geht's! Im Bus werden wir von Steven ermahnt, hatte er uns doch gestern Abend gesagt, es sei verboten, Wasserflaschen in die Tasche zu packen - er hätte welche erspäht. Wer wars? Natürlich die drei Franzosen in unserer Gruppe.


Tag 1 führt uns steil hinauf zum Humantay Lake. Die Höhe macht einigen in der Gruppe zu schaffen, wir sind froh, schon daran gewöhnt zu sein. Noch dazu ist der Anstieg echt herausfordernd und wir kommen extrem ins Schwitzen - kein Wunder, denn wir legen in 4 km ganze 800 Höhenmeter zurück. Auch wenn es der gefühlt 50. türkise Bergsee auf unserer Reise ist - von denen kann man nie genug haben und deshalb ist auch der Humantay Lake wieder ein echter Augenschmaus.

Anschließend geht es schon in unser Camp, wo wir uns in sehr einfache, aber spektakulär gelegene Berghütten zurückziehen. Durch das bodenhohe Fenster beobachten wir wilde Alpakas und Lamas und ruhen uns aus, bevor es Tee, heiße Schokolade und Popcorn als Nachmittagssnack, gefolgt von Abendessen, gibt.


In dieser ersten Nacht hat es 2 Grad und wir sind begeistert von den gemieteten Daunenschlafsäcken, die uns wirklich richtig warm halten.


Tag 1: Laguna Humantay 7,34 km - 844 hm Min 3810m - Max 4282m 4:05 h


Am zweiten Tag werden wir um 5 Uhr geweckt, denn der angebliche "Gringo-Killer", der uns von allen Seiten als der schwierigste angekündigt wird, steht bevor. Einige berichten, dass es extrem hart war, unser Guide macht auch ein großes Trarar draus und drei Mädels beschließen sogar, lieber ein Pferd zu nehmen, weil sie zu viel Respekt vor dem Aufstieg haben.


Mit Blick auf den wolkenfreien Salkantay Gletscher, der prächtig auf über 6000 Meter hinaufragt, marschieren wir los.

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Der Weg ist straff, jedoch mit unserem Training sehr gut machbar. Auch einige andere, die nicht seit sieben Monaten nur wandern, sind der Meinung, dass der vorherige Tag schwieriger war. Wir laufen zwischen wunderschönen Bergen, vorbei an kleinen Flüssen, Seen und haben dabei immer unser Ziel, den Salkantay Pass, im Blick.


Alex rennt voraus, denn wieder einmal scheint ihn all das gar nicht anzustrengen, und nach 680 hm stehen wir vor dem massiven Salkantay Berg und staunen.

Guide Steven hat einiges für uns vorbereitet. Er packt Räucherstäbchen und Coca-Blätter sowie seine bolivianische Flöte und Armbänder für die ganze Gruppe aus. Nachdem er diese an 16 Handgelenke gebunden hat, machen wir gemeinsam ein peruanisches Wunschritual.


Hierfür bekommen alle drei verschiedene Coca-Blätter, die aufgefächert in der Hand gehalten werden. Jede:r überlegt sich einen Wunsch und dann wird dieser mit einer ausschweifenden Geste in drei verschiedene Richtungen, zu drei verschiedenen Bergen geschickt. Dazu sagen wir dreimal etwas auf Quechua, die indigene Sprache Perus und nicht nur die Hausmarke vom Decathlon, und Steven spielt anschließend auf seiner Flöte. Zuletzt suchen sich alle drei Steine, die aufeinander gestapelt werden und die Coca-Blätter werden dazwischen fixiert. Steven sagt, die gestapelten Steine, die man überall auf der Welt sieht, haben hier tatsächlich diese heilige Wunsch-Bedeutung.


Damit noch nicht genug, Steven macht als Nächstes Hintergrundmusik an und leitet uns durch eine Meditation. Alle schließen die Augen, atmen und Steven spielt (leider ziemlich schief, was ein kleines Schmunzeln hervorruft) auf seiner Flöte - Alex schläft trotzdem fast ein.


Es ist ein magischer Moment, hier zwischen diesen riesigen Bergen mitten in Peru.

Wir haben noch weitere 15 Kilometer vor uns, bis wir das nächste Camp erreichen. Hier geht es hauptsächlich bergab und wir erfreuen uns an der wechselnden Natur. Es wird grüner, saftiger, wärmer.


Tag 2

Salkantay Pass 22 km - 680 hm Min 2920m - Max 4646m

7:36 h


Der dritte Tag beginnt ähnlich früh, dieses mal wecken uns die Damen mit heißem Coca-Drink um 5:30 Uhr. Der Marsch fühlt sich Easy an, obwohl wir auch hier 11,6 km und 704 Höhenmeter zurück legen. Es geht an einem Fluss entlang, hinunter in einen kleinen Canyon und wieder hoch, bis wir bei einer Kaffeefarm ankommen.


Kaffee der Sorte Arabica wird hier kultiviert und geröstet und unsere Gruppe darf selbst mal ans Werk. Wir durchlaufen die ganze Prozedur, bis wir schlussendlich den frisch gerösteten und gemahlenen Kaffee probieren. Muy rico!

Nach einer abenteuerlichen Fahrt, die Sonja auf dem Dach des Autos verbringt, erreichen wir bereits mittags unser Camp. Nach dem Mittagessen führt Alex sein Team bei einer Runde Fußball zum Sieg, bis wir mit dem Rest unserer Sexy Kondors zu heißen Quellen fahren, um den ganzen Nachmittag mit Werwolf und einer Fetzengaudi im Warmen zu baden.

Hinterher gibt's noch 1-2 Runden Bier, bevor wir wieder zurück fahren. Dort angekommen wartet bereits das Abendessen, sowie eine Horde Besoffener - eine Gruppe ist wohl etwas eskaliert und löst bei allen anderen 40 anwesenden Fremdscham aus. Denn sie sind nicht einfach mega dicht, sie randalieren, ein armer Typ namens Jason ist völlig abgefüllt und wird nur noch herumgetragen, vor und nachdem er die Treppe herunterstürzt, das liebevoll gekochte Essen wird überall verteilt, es wird geschrien.


Naja, wenn man selbst in dem Delirium wäre, wäre es sicher lustig, gleichzeitig sind wir froh, nicht in dieser Gruppe zu sein.


Nach zwei Pisco Sour, dem südamerikanischen Lieblingscocktail, und viel Geratsche mit unserer Gruppe, ziehen wir uns in unser Zelt zurück und werden zum Glück nur einmal von einem lautstarken "CAROLIIIIINE, WHERE ARE YOU?" geweckt. Sind wir froh, relativ nüchtern zu sein, denn um 4:30 Uhr klingelt der Wecker für Tag 4.


Tag 3 Colcapampa 11,6 km - 704 hm Min 2379 m - Max 2920m

3:24 h

Heute starten wir mit nur der Hälfte unserer Gruppe auf die Wanderung.


Warum? Tja, wilde Geschichte: Bei Buchung des Salkantay Treks erhält man von der Organisation die Info, dass sie einem die im Preis inkludierten Tickets zum Machu Picchu an Tag 5 nicht garantieren können. Man solle deshalb zuerst prüfen, ob es noch freie Plätze für diesen Tag gibt, denn diese sind auf 1000 begrenzt. Hat man also kein Ticket für den Machu Picchu, kann es sein, dass man in Aguas Calientes, dem Ausgangspunkt, ankommt und für den nächsten Tag kein Ticket mehr bekommt, also 1 bis x Tage warten muss. Ist das der Fall, ist natürlich der ebenso im Preis inkludierte Guide nicht mehr da.


Es wird deshalb dazu geraten - wenn man keine Zeit hat, ein paar Tage in Aguas Calientes zu sein - die Wanderung an Tag 4 auszulassen und sich mit dem Bus zum Start des 10 Kilometer langen Weges, an den Gleisen entlang nach Aguas Calientes, fahren zu lassen, um dort bereits morgens hinzulaufen und dann gleich zum Ticket Office zu gehen, um noch eine Eintrittskarte für den Folgetag zu ergattern.


Einige aus unserer Gruppe haben keine Zeit und entscheiden sich dafür, genau das zu machen. Sie bekommen glücklicherweise Tickets für den Folgetag. Ein paar andere wollen sich Tag 4 des Treks nicht nehmen lassen und gehen das Risiko ein. Tatsächlich erhalten sie nach stundenlangem anstehen wirklich erst Tickets für einen Tag später.


Sind wir froh, dass wir zuerst unsere Machu Picchu Tickets gekauft und uns nachträglich dazu entschieden haben, den Salkantay Trek zu gehen. Damit haben wir nämlich erstens keinen Stress und können zweitens den für uns schönsten Tag des Treks mitnehmen.


Ehrlich gesagt finden wir es eine echte Frechheit von der Organisation, denn die Leute, die Wanderung 4 auslassen mussten, haben unserer Meinung nach das Beste verpasst.


Warum war es das Beste? Gemeinsam mit unseren drei, inzwischen ins Herz geschlossenen, Franzosen-Boys spurten wir los und es geht hoch, hoch, hoch, hoch. Die drei wollen die "German-Pace" mitgehen, welche immer wieder mit "you're killing me", "crazy Germans" und "wow, you walk so fast" kommentiert wird. Da wir inzwischen in subtropischen Klima angekommen sind, schwitzen wir alle fünf unnormal bei dieser Geschwindigkeit, genießen eine wunderschöne Aussicht und sind stolz und happy, die 950 Höhenmeter in nur 1,45 Stunden gemeistert zu haben.

Den letzten Teil schaffen jedoch nur Alex und Axel (hihi) im gleichen Tempo, wir anderen kämpfen uns hinterher und alle kommen beim grandiosen Machu Picchu Viewpoint an.


Dieser ist völlig überwältigend. In der Ferne können wir den Machu Picchu und seine Ruinen sehen, welcher als einziger Punkt am Horizont frei von Wolken ist. Steven packt wieder seine Flöte aus und wir alle genießen die Magie, die von diesem Ort bis zu uns rüber strömt. Die Lage des Machu Picchu ist wohl das, was ihn so besonders macht, denn er ist umgeben von hunderten grünen Hügeln und Bergen und liegt malerisch mittendrin.

Es warten noch über 18 Kilometer auf uns und erstmal dürfen wir die 950 hm wieder runtergehen. Diesmal in schneller "French Pace". Die Knie meckern ein bisschen, jedoch machen die Aussicht und die heitere Stimmung all das wett.


Nachdem wir unser Mittagessen hungrig in uns reingemampft haben, geht es weiter - auch wir müssen noch die 10 km an den Bahngleisen nach Aguas Calientes gehen. Der Weg führt wunderschön durch den Dschungel, wir können überall Inka-Ruinen erspähen und nur die letzten vier Kilometer im Regen und mit sehr schweren Beinen ziehen sich. Letztendlich kommen wir alle müde und glücklich in dem kleinen, sehr touristischen Bergdorf an.

Tag 4: Viewpoint Machu Picchu 24,85 km - 950 hm Min 1772 m - Max 2833 m 9:45 h


Der Tag der Tage - wir gehen zum Machu Picchu! Doch leider können wir nicht einfach so hineinspazieren. Uns trennen noch 1900 Stufen vom Eingang. Ihr kennt uns ja - natürlich nehmen wir nicht den Bus für 12,50 USD, der uns den Berg hinauf kutschieren würde. Wir gehen wieder mal um 4:30 Uhr los zum Aufstieg, ergo Wecker um 3:40 Uhr, um dann mit ein paar anderen Sparfüchsen die Treppe zu nehmen.


Stetig und steil geht's hinauf, irgendwann hängt Alex Sonja ab, aber wir beide kommen fit und pünktlich zum Treffpunkt mit dem Rest der Gruppe beim Eingang an.


Dann ist es soweit: Wir betreten den Machu Picchu. Es ist ein unglaublicher Moment. Nicht nur, weil es eines der sieben Weltwunder der Moderne ist,  sondern vor allem auch, weil wir vier Tage hier hin gewandert sind. Das ist einfach cool.

Steven gibt uns eine interessante Führung über das Gelände, und wieder mal fasziniert es uns, dass die Inka so jung sind - um 1400-1500. Tatsächlich hatte das Leben auf dem Machu Picchu nur eine Dauer von ungefähr 100 Jahren, 50 davon hat es gedauert, das Ganze zu bauen. So genau wissen, tut man das und wofür die Stadt genutzt wurde übrigens nicht, denn die Inka hatten keine Schrift. Verrückt.


Wir haben in unserem Ticket noch den Wayna Picchu, ein Nachbarberg, inkludiert und machen uns nach dem Abschied von den verbliebenen Sexy Kondors auf den Weg. Es erwarten uns weitere 1200 Stufen hoch auf die Spitze. Diese sind ordentlich steil und wir spüren unsere Beine von heute Morgen und den letzten Tagen. Oben angekommen ist die Aussicht spektakulär auf die Ruinenstadt, wir genießen und essen Kekse.

3100 Stufen wieder nach unten (insgesamt sind wir echt 6200 Stufen gegangen, wir haben gezählt!), erreichen wir nach einem tollen Tag totmüde Aguas Calientes, von wo wir mit dem Zug zunächst nach Ollyantambo gebracht werden. Fünf Tage lang vor 5 Uhr aufstehen, schlaucht.


Uns gegenüber im Zug sitzt ein Paar, dessen Verlobung wir vorher durch laute Glückwünsche und "Whoooos" am Machu Picchu mitbekommen haben. Die beiden sind mit der gleichen Organisation unterwegs, wie wir, waren jedoch in einer anderen Gruppe.


In Ollyantambo angekommen, wartet unser Fahrer mit einem "Sonja Bencker" Schild, der uns mit nach Cusco nehmen wird. Nach ca. der Hälfte der 2,5 stündigen Fahrt erhält dieser einen Anruf, er hätte zwei Personen vergessen. Das frisch Verlobte Paar stand dann wohl nicht abgeholt noch in Ollyantambo - was ein Wechselbad der Gefühle dieser Tag für die beiden wohl war. Hoffen wir, dass ihr frisches Liebesglück die Situation gerettet hat.


Tag 5: Machu Picchu 12,37 km - 933 hm

Min 1758 m - Max 2691 m

6:39 h 6146 Stufen


Unsere Zeit in Peru ist zu Ende und wir sind verliebt. Dieses mystische Land wird ganz weit nach oben wandern, nichts anderes haben wir hier gemacht, auf unserer Lieblingsländer-Liste. Die Anden sind massiv und so beeindruckend, die Städte bunt und laut, die Menschen offenherzig und lustig, das Essen lecker und vielfältig, die Alpacas und Lamas süß und flauschig, die türkisen Bergseen türkis, das Backpacken einfach und günstig, die Busse luxuriös und organisiert.

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Gracias Peru, hola Bolivia!

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